Süddeutsche Zeitung

Schienenverkehr:Bahn-Lärmschutzwände halten Belastungen nicht stand

  • Die Bahn muss vor allem im Ausbauabschnitt München-Ingolstadt Lärmschutzwände ersetzen, weil sie den hohen Belastungen entlang der Schnellstrecke nicht standhalten.
  • Die Kosten für den Austausch könnten bei etwa 80 Millionen Euro liegen.

Von Klaus Ott

Gerade einmal zehn Jahre ist es her, dass die Deutsche Bahn die ICE-Trasse von München über Ingolstadt nach Nürnberg in Betrieb nahm. Und schon stehen größere Reparaturen an. Die Bahn muss vor allem im Ausbauabschnitt München-Ingolstadt Lärmschutzwände ersetzen, weil sie den hohen Belastungen entlang der Schnellstrecke nicht standhalten. Die Kosten für den Austausch lägen bei etwa 80 Millionen Euro, schätzt der Verband für Lärmschutz an Verkehrswegen. Die Bahn will sich zu den Kosten nicht äußern, bestätigt aber auf Anfrage, dass die Wände teilweise erneuert werden müssten. Das solle bis 2019 geschehen. Insgesamt gehe es um etwa 90 000 Quadratmeter Fläche.

Eigentlich sollen solche Lärmschutzelemente mehrere Jahrzehnte halten, doch das klappt nicht immer. Die ICE-Trasse in Bayern ist da kein Einzelfall. An anderen Abschnitten mussten Wände bereits vorzeitig ausgetauscht werden. Etwa bei Rathenow in Brandenburg auf der Strecke zwischen Hannover und Berlin. Dort werden seit einigen Monaten Lärmschutzelemente auf mehreren Kilometer Länge erneuert. Sie waren vor etwa 20 Jahren eingesetzt worden. Bei Inspektionen seien "Schäden festgestellt" worden, sagt ein Bahn-Sprecher. Deshalb nun der Austauschaktionen. Die Sicherheit des Zugverkehrs sei durch die schadhaften Lärmschutzwände aber nicht beeinträchtigt, versichert die Deutsche Bahn. Als Grund für den vorzeitigen Verschleiß erklärt das Unternehmen, die entlang der ICE-Trasse München-Nürnberg "eingesetzte Bauart" sei "nicht nachhaltig" gewesen und habe dem Druck durch die hohen Geschwindigkeiten der ICE-Züge nicht dauerhaft standgehalten. Das habe sich aber erst im Nachhinein herausgestellt, weshalb nun "früher als geplant nachgebessert" werden müsse.

Schärfere Vorschriften sollen neuerliche Mängel und teure Reparaturen vermeiden

Mit Lärmschutzwänden hat die Bahn schon einige schlechte Erfahrungen gemacht. Im Jahr 2003 kam es wenige Monate nach Inbetriebnahme der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Köln und Frankfurt zu größeren Schäden. Die Halterungen der Aluminium-Wände hielten den Druck- und Sogwellen der ICE-Züge nicht stand. Auf etwa 20 Kilometer Länge mussten Lärmschutz-Elemente ausgetauscht werden, die Kosten damals lagen bei etwa 45 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler kritisierte dies als Verschwendung öffentlicher Gelder.

Die Deutsche Bahn machte damals Baufirmen, die schlechtes Material verwendet hätten, für die Mängel verantwortlich. Dem Vernehmen nach kam es zu einem Vergleich zwischen der Bahn und den Bauunternehmen, die einen Teil der Kosten übernahmen. Nach den Erfahrungen an der Strecke Frankfurt-Köln sollten solche Probleme, unter denen dann die Anwohner zu leiden haben, nicht mehr vorkommen.

Die Bahn verschärfte die Vorschriften für den Entwurf und den Bau von Schallschutzwänden. Dennoch sind an den Strecke München-Nürnberg und Hannover- Berlin Schäden aufgetreten. In den vergangenen Jahren führte die Bahn nach eigenen Angaben ein "Zertifizierungsverfahren" für die Anbieter von Schallschutzwänden ein. Dieses Verfahren ist dem Konzern zufolge Grundlage für die Zulassung von Lärmschutzelementen durch das Eisenbahnbundesamt (EBA) als zuständiger Aufsichtsbehörde. Diese Maßnahmen sollen neuerliche Mängel verhindern.

Die Kosten für den Austausch an der Strecke München-Nürnberg muss die Bahn selbst übernehmen, da "kein Gewährleistungsmangel" bei den Baufirmen vorliege. Angeblich sollen die Ausgaben aber erheblich niedriger sein als vom Lärmschutz-Verband geschätzt. Das Geld dafür nimmt die Bahn aus ihrem Instandhaltungsetat für die Strecken. Es werde deswegen aber nicht am Schallschutz an anderen Trassen gespart.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3062470
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.07.2016/hgn
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.