Längster Handelskonflikt der WTO:Entwicklungshilfe statt Zoll

Nichts hat in der WTO so viel Streit verursacht wie die Banane. Jetzt ist das Gerangel um die Importzölle bei der Tropenfrucht weitgehend beigelegt.

Cerstin Gammelin

Der längste Handelsstreit seit Gründung der Welthandelsorganisation WTO um Importzölle auf Bananen ist weitgehend beigelegt. "Eine Einigung ist in greifbarer Nähe", sagte Handelskommissarin Catherine Ashton der Süddeutschen Zeitung. Damit dürften Bananen in Europa künftig deutlich preiswerter angeboten werden.

Banane, ddp

Bereits 1997 und 1999 urteilte ein Schiedsgericht der WTO nach entsprechenden Klagen der USA, dass diese berechtigt seien, Handelssanktionen gegen die EU zu verhängen.

(Foto: Foto: ddp)

Der Entwurf der Einigung sieht vor, dass die Europäische Union die bisherigen Importzölle auf lateinamerikanische Bananen und alle anderen tropischen Früchte deutlich senkt.

Um Nachteile für die afrikanischen Produzenten auszugleichen, deren Bananen bisher mit deutlich geringeren Zöllen belegt wurden, will die Europäische Union rund 190 Millionen Euro zusätzliche Entwicklungshilfe leisten.

Diese soll auf vier Jahre verteilt werden. Das Geld soll afrikanischen Lieferanten helfen, effizienter zu wirtschaften, um im wachsenden Konkurrenzkampf mit den amerikanischen Produzenten zu bestehen.

Für Ananas, Mangos und andere tropische Früchte sollen die künftigen Zölle im Rahmen der laufenden Welthandelsgespräche einzeln ausgehandelt werden. "Wir versuchen jetzt, schnell zu einem erfolgreichen Abschluss mit allen beteiligten Partnern zu kommen", sagte Ashton. Dieser sei "vielleicht schon nächste Woche" möglich.

USA als Knackpunkt

An den Verhandlungen sind neben der Europäischen Union die Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Länder (AKP) sowie lateinamerikanische Bananenlieferanten beteiligt.

Die drei Partner sind sich weitgehend einig. Scheitern könnte das Abkommen allerdings noch am Widerstand aus den USA. Denn den zwei größten Bananenexporteuren, die fest in amerikanischer Hand sind, erschwerten die europäischen Zölle seit Jahren den ungehinderten Zugang nach Europa.

Bereits 1997 und 1999 urteilte ein Schiedsgericht der WTO nach entsprechenden Klagen der USA, dass diese berechtigt seien, Handelssanktionen gegen die EU zu verhängen. Ob die USA dem nun ausgehandelten Bananen-Deal zustimmen, ist deshalb offen.

An den bisherigen Verhandlungen haben die Amerikaner nicht teilgenommen. Die USA würden separat mit der EU sprechen, sagte ein US-Handelsrepräsentant. Stimmen die USA zu, verlieren sie ihren Anspruch auf die Strafzölle. Insider gehen davon aus, dass die Amerikaner für ihre Zustimmung in einem anderen Handelsbereich einen Ausgleich erhalten wollen.

Das bisher ausgehandelte Abkommen sieht vor, dass die Europäische Union ihre Bananenzölle von derzeit 176 Euro je Tonne schrittweise über sieben Jahre auf 114 Euro je Tonne senkt. Sobald das Abkommen unterzeichnet ist, werden die Zölle in einem ersten Schritt auf 148 Euro je Tonne Bananen vermindert.

Ob die Zölle tatsächlich in dem Ausmaß sinken, hängt auch vom Ausgang der seit Jahren laufenden Gespräche für ein Welthandelsabkommen, der Doha-Runde ab. Sollte die Doha-Runde nicht bis 2013 mit einem weltweiten Freihandelsabkommen abgeschlossen werden, wollen die Vertragsparteien die Bananenzölle bei 132 Euro halten. Die vereinbarten Zollsenkungen für andere tropische Früchte werden nur in Verbindung mit einem Doha-Abkommen wirksam, heißt es in dem Vertragsentwurf.

Deutschlands Alleingang

Der Bananenstreit ist das beste Beispiel dafür, wie schwierig es ist, ein weltweites Freihandelsabkommen abzuschließen. Bis 1993 schützte die EU die wenigen Produzenten in der Union und in den ehemaligen Kolonien in Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum durch Zölle, Import-Lizenzen oder Kontingente vor der Konkurrenz der US-Konzerne. Spanien holte sich seine Bananen von den Kanaren. Die Franzosen importierten zwei Drittel der Früchte aus den Überseeinseln Guadeloupe und Martinique. Den Rest lieferten die Elfenbeinküste, Madagaskar und Kamerun.

Viele europäische Regierungen verlangten bis zu 20 Prozent Importzölle. Einzig Deutschland lehnte Bananenrestriktionen immer wieder ab. Gegen den Willen der Bundesregierung schrieb die Union 1993 die Restriktionen europaweit fest. Die Deutschen setzten jedoch Ausnahmen durch.

Die deutschen Bananenpreise zählen deshalb zu den europaweit niedrigsten. Sollten die Vertragspartner Ende nächster Woche das Bananen-Abkommen unterzeichnen, ginge ein 16 Jahre währender Streit um Importzölle zu Ende. WTO-Unterhändler gehen davon aus, dass das Abkommen den Doha-Verhandlungen einen großen Schub geben könnte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: