Süddeutsche Zeitung

Ladenschluss:Konsumstop per Gesetz

Der Sonntag ist heilig - darum werden in Mecklenburg-Vorpommern etliche Geschäfte demnächst wohl nicht mehr zum Wochenausklang öffnen. Ein Gericht hat Ruhe verordnet.

Die Geschäfte in Mecklenburg-Vorpommern sollen künftig an Sonntagen seltener öffnen dürfen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) von Mecklenburg-Vorpommern erklärte die sogenannte Bäderregelung des Landes für unwirksam. Sie verstoße gegen den vom Grundgesetz und der Landesverfassung gewährleisteten Schutz der Sonn- und Feiertage, so das Gericht.

Der Bäderregelung zufolge dürfen unter anderem die Geschäfte in 149 Orten an 45 Sonntagen bis zu sieben Stunden öffnen. Ausgeschlossen sind lediglich Auto-, Bau- und Möbelmärkte. Dies werde dem Gebot nicht gerecht, dass Geschäfte sonntags nur in Ausnahmefällen öffnen dürfen, urteilte nun das Gericht. Das Bundesverfassungsgericht hatte erst im vergangenen Dezember den Sonntag als Tag der Ruhe und Erholung gestärkt und dem Land Berlin untersagt, den Geschäften an vier aufeinander folgenden Adventssonntagen den Verkauf zu erlauben.

Profitinteressen reichen nicht aus

Zur Begründung hieß es, Sonn- und Feiertage seien als "Tage der Arbeitsruhe" aus religiösen Gründen, aber auch zur persönlichen Erholung der Arbeitnehmer und ihrer Teilhabe am sozialen Leben geschützt. Bloße Profitinteressen reichten nicht aus, um mehrere verkaufsoffene Sonntage in Folge als Ausnahme von der Schutzregel zuzulassen.

In Mecklenburg-Vorpommern hatten die beiden Amtskirchen gegen die Bäderregelung geklagt. Sie begrüßten nun den OVG-Beschluss. Es sei "um den Schutz des Sonntags und seine für die gesamte Gesellschaft unersetzliche Funktion" gegangen, erklärte Landesbischof Andreas von Maltzahn. Der Sonntag als arbeitsfreier Tag stehe auch gegen die "Tendenz der Ökonomisierung aller Lebensbereiche".

"Ich kaufe, also bin ich"

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dankte den Kirchen, dass sie "die gemeinsame Position von Gewerkschaft und Kirche zur Sonntagsruhe und zum Arbeitnehmerschutz durchgesetzt" hätten. Das Urteil sei eine wichtige Entscheidung gegen die Unkultur "Ich kaufe, also bin ich", sagte DGB-Nord-Vizechef Ingo Schlüter.

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) verteidigte die bisherige Regelung. Sie habe zur "Entbürokratisierung und Deregulierung" beigetragen und den Einzelhändlern in den Tourismusorten genutzt. "Niemand wird gezwungen, sein Geschäft am Sonntag zu öffnen", sagte der Minister. Die Konsequenzen aus dem Urteil stehen noch nicht fest. Da es noch nicht rechtskräftig ist, bleibt es vorerst bei den bisherigen Sonntagsöffnungszeiten.

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sueddeutsche.de/AFP/nog/mel
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