Kürzungen in Portugal:Löhne sinken stärker als vom IWF berechnet

A fruit vendor takes a nap at the Malveira village market on the outskirts of Lisbon

Hat sich der IWF verrechnet oder wollte er die Statistik schönen? Die Löhne in Portugal sinken jedenfalls stärker als verkündet.

(Foto: REUTERS)

Wie viele portugiesische Arbeitnehmer leiden unter Lohnverlusten? Der Internationale Währungsfonds spricht von sieben Prozent und mahnt mehr Reformen an. Doch die hochpolitische Zahl ist falsch - tatsächlich ist die Lage deutlich schlimmer.

Von Larissa Holzki

Nur sieben Prozent der Angestellten in Portugal hätten im vergangenen Jahr weniger verdient als zuvor - das behauptete zumindest der Internationale Währungsfonds IWF in seinem Juni-Bericht über das Krisenland (hier als PDF). Doch die Zahl stimmt nicht, wie das portugiesische Wirtschaftsmagazin Jornal de Negócios nun herausfand. Der IWF hat Tausende Umfrageergebnisse bei seiner Rechnung unterschlagen. Tatsächlich ist die Lage viel schlimmer.

Falsche Zahlen beim IWF - das ist nicht nur ein simpler Rechenfehler. Denn die Portugiesen sind von der Bewertung des IWF abhängig. Als Teil der Troika entscheidet der Fonds, ob das Land weitere Notkredite der Euro-Länder bekommt oder noch Reformen umsetzen muss. Die regelmäßigen Berichte sind dabei wie Zeugnisse. Die Prüfer legen harte Maßstäbe an. Dass nur sieben Prozent der in der Privatwirtschaft Beschäftigten Lohneinbußen hinnehmen mussten, ging für sie nicht weit genug. Der Fonds äußerte sich besorgt, dass die Arbeitsmarktreformen nicht angepackt würden, damit die Löhne weiter sinken. So soll die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigen.

Die Argumentation hat nur einen Haken. Denn nicht sieben Prozent der Beschäftigten haben weniger verdient, sondern 27 Prozent. Das bestätigte ein Sprecher der portugiesischen Regierung dem Jornal de Negócios.

Eigentlich hatten 18.600 Menschen an der Umfrage teilgenommen, die die Daten für das Jahr 2012 erhoben hat. Doch in der IWF-Veröffentlichung fehlten Tausende Ergebnisse. Portugal weist die Schuld für diesen Fehler entschieden von sich. "Die Troika hat alle Daten bekommen, die sie gefordert hatte", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme des Ministeriums für Solidarität, Beschäftigung und soziale Sicherheit. Dabei habe es sich aber nur um einen Teil der Informationen zur Lohnentwicklung gehandelt. Das sei auch dem IWF bewusst gewesen. "Für die Ergebnisse der Analyse sind ausschließlich die IWF-Autoren verantwortlich."

Laut Jornal de Negócios hat die portugiesische Regierung inzwischen den kompletten Datensatz an den IWF übermittelt. Am Druck durch die Troika ändert das aber nichts. Der Fonds werde die Daten zwar überprüfen, zitiert die portugiesische Zeitung eine Mitteilung des IWF. Die Lohnkürzungen seien aber nur einer von vielen Faktoren, auf deren Grundlage der IWF für flexiblere Löhnen plädiere.

Trotzdem vermuten die Portugiesen, dass der IWF die Statistik schönen wollte, um seiner Forderungen zu untermauern - so zumindest der Tenor in den portugiesischen Medien.

Auch in Bezug auf Griechenland hatte der IWF vor kurzem Fehler eingestanden. Die geforderten Reformen wären zu hart für das Land gewesen.

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