Künstlersozialversicherung:KSK will höhere Abgaben von den Unternehmen

Sie ist für viele Freiberufler überlebenswichtig, aber sie steckt in großen finanziellen Problemen: Die Künstlersozialkasse erhöht von 2014 an die Abgabe für Unternehmen. Ob dadurch genügend Geld in die Kasse kommt, hängt allerdings von den Kontrollen bei der Kreativwirtschaft ab. Hier gibt es seit Jahren Ärger.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Ob Verlage, Theater, Werbeagenturen oder Museen - etwa 150.000 Unternehmen, die regelmäßig Künstlern einen Auftrag erteilen, zahlen auf die Honorare die Künstlersozialabgabe. Gerade ist sie von 3,9 auf 4,1 Prozent im Jahr 2013 gestiegen. Bald wird es für die zahlenden Auftraggeber noch teurer: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird die Abgabe von 2014 an auf 5,2 Prozent klettern. Sie erhöht sich damit innerhalb von gut einem Jahr um mehr als 30 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass die Künstlersozialkasse (KSK), über die 177.000 Selbständige kranken- und rentenversichert sind, zunehmend in eine finanzielle Schieflage gerät.

Die KSK ist für viele Freiberufler mit künstlerischen Berufen überlebenswichtig, weil sie die Hälfte ihrer Beiträge für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung übernimmt. Dies kann auf Dauer aber nur funktionieren, wenn genug Geld in den Topf der Sozialkasse fließt. 50 Prozent des Budgets steuern die Mitglieder mit ihren Beiträgen selbst bei. 20 Prozent stammen vom Bund, also letztlich vom Steuerzahler. Weitere 30 Prozent oder immerhin 270 Millionen Euro müssen durch die Abgabe zusammenkommen. Ob so viel Geld in die Kasse gelangt, hängt allerdings von den Kontrollen bei den Unternehmen ab. Und hier gibt es seit Jahren Ärger.

Seit 2007 soll die Deutsche Rentenversicherung (DRV) prüfen, ob sich Firmen vor der Abgabe drücken. Mehr als 130 Millionen Euro trieben die amtlichen Kontrolleure seitdem zusätzlich ein. Seit 2010 gehen die Nachforderungen jedoch zurück. Die DRV begründet dies unter anderem damit, dass zunächst "Großbetriebe mit tendenziell hohem Nachforderungsaufkommen" durchleuchtet worden seien. Hinzu komme, dass in den ersten Jahren hauptsächlich diejenigen Arbeitgeber geprüft worden seien, bei denen eine Abgabepflicht aufgrund der Betriebsgröße oder der Branche wahrscheinlich sei. Deshalb könnten die Ergebnisse der Kontrollen nur rückläufig sein.

Die Erhöhung der Abgabe bringe die Künstlersozialversicherung in Gefahr

Im Bundesarbeitsministerium wirft man der Rentenversicherung dagegen vor, zu lasch geprüft zu haben. Bei Umsätzen von 137 Milliarden Euro in der Kreativwirtschaft müsste bei Kontrollen mehr herausspringen, argumentieren die Fachleute im Hause von Ursula von der Leyen. Die Arbeitsministerin wollte deshalb, assistiert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, die DRV per Gesetz zu stärkeren Kontrollen verpflichten. Wirtschaftsverbände, FDP und Teile der Union protestierten - mit Erfolg. Für die Pläne gab es im Bundestag keine Mehrheit.

Daran ändern wird vermutlich auch eine Petition nichts, die auf große Zustimmung stößt: Gut 43.000 Bürger haben sich bereits dafür ausgesprochen, "diejenigen Einrichtungen oder Unternehmen, die freischaffende Künstler oder Journalisten beschäftigen, auf korrekte Entrichtung ihres Anteils an der Finanzierung der Kasse hin, zu kontrollieren". 50.000 Unterschriften sind bis 6. August nötig, damit sich der Petitionsausschuss noch einmal das Anliegen des Beschwerdeführers anhört. Doch selbst wenn die 50.000 zustande kämen, gilt es als unwahrscheinlich, dass sich die Mehrheitsverhältnisse schnell ändern.

Um mehr Geld einzutreiben, wird nun erneut an der Künstlersozialabgabe geschraubt - eine Notlösung, vor der Staatsminister Neumann schon Anfang des Jahres gewarnt hatte: "Dann müssen die abgabeehrlichen Arbeitgeber für die anderen mitbezahlen." Das sei nicht nur ungerecht. Es bringe auch "die Künstlersozialversicherung als solche in Gefahr", so Neumann. 2006 war es schon einmal so weit: Damals belief sich die Abgabe auf 5,4 Prozent. Erst ein Proteststurm der KSK-Mitglieder verhinderte, dass später auf Betreiben des Bundesrats die Künstlersozialkasse ganz abgeschafft wurde.

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