Kryptowährungen:Bison aus Stuttgart

Die Regionalbörse aus Stuttgart will den Handel mit den in Verruf geratenen Kryptowährungen seriöser machen. Einige Punkte im Kleingedruckten machen skeptisch, ob ihr das gelingen kann.

Von Victor Gojdka

Was wie eine Randnotiz klingt, ist in Wahrheit ein besonderer Tag für die Kryptoszene: Die Regionalbörse Stuttgart hat mit einer App namens Bison die erste Handelsplattform für Kryptowährungen geschaffen, hinter der eine Börse steht. Kunden können in der neuen App Digitalwährungen wie Bitcoin kaufen und damit spekulieren. Weltweit setzen Experten große Hoffnungen in das Stuttgarter Projekt, denn das Image von Kryptowährungen ist ramponiert: Hackerattacken, Kurskapriolen und zwielichtige Gestalten haben in der Vergangenheit nicht nur Privatleute abgeschreckt, sondern vor allem institutionelle Investoren. Viele Kryptoexperten warten bereits lange darauf, dass Börsen und Banken das Geschäft an sich reißen und professionalisieren. Ob die Bison-App jedoch dazu geeignet ist, Vertrauen in den Kryptosektor wiederherzustellen, halten Experten für fraglich. So wirbt Bison auf seiner Internetseite damit, sie sei die erste App für Kryptohandel, hinter der eine traditionelle Wertpapierbörse stehe. Das ist jedoch missverständlich, meinen Experten: "Privatanleger könnten den Eindruck bekommen, es handele sich dabei um ein reguliertes Börsengeschäft", sagt Finanzprofessor Volker Brühl vom Center for Financial Studies. Wer erfahren will, dass die Kryptoapp mit reguliertem Börsenhandel nichts zu tun hat, muss die Internetseite genau studieren: Kauft ein Kunde in der App zum Beispiel Bitcoin, muss eine Tochtergesellschaft der Börse Stuttgart die Digitalmünzen selbst erst beim Krypto-Handelsplatz Bitstamp erwerben und verkauft sie dann an den Endkunden weiter.

Auch an einem zweiten Punkt stoßen sich Kritiker: So wirbt das Unternehmen auf seiner Internetseite damit, bei der App "fallen keine Gebühren an". Das ist juristisch korrekt, könnte Kunden jedoch auf eine falsche Fährte locken. Damit das Unternehmen verdienen kann, muss es teurer sein als der Handelsplatz Bitstamp, auf dem es die Kryptowährungen selbst bezieht. Daher verlangt die App der Börse von ihren Kunden nach eigener Aussage eine Handelsspanne von im Durchschnitt 0,75 Prozent zwischen An- und Verkaufspreis, um Gewinn zu machen. Das Unternehmen wirbt schließlich damit, die Einlagen der Kunden durch ein Tochterunternehmen der Börse sicher verwahren zu lassen. Zum genauen Sicherheitskonzept wollte sich der Betreiber jedoch nicht äußern, dies sei nicht branchenüblich. "Es gibt keine Garantie für die Kryptoeinlagen der Kunden", sagt App-Chef Ulli Spankowski auf Nachfrage. Kunden stünde es jedoch offen, ihre Kryptowährungen in ein eigenes digitales Portemonnaie zu übertragen und selbst zu sichern.

Ob die Börse Stuttgart das Image des Kryptosektors aufpolieren kann, muss sich zeigen. "Ich sehe keinen Vorteil für Kunden, wenn das Unternehmen nicht für die Kryptoeinlagen der Kunden garantiert und keine besseren Preise bietet", sagt Experte Brühl.

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