Plattformen für Kryptowährungen:Schlag gegen Internetbetrüger - Zehntausende Anleger betroffen

An internet cable is seen at a server room in this picture illustration taken in Warsaw

Online ermitteln, international zuschlagen: Die Fahnder nahmen mehrere Verdächtige fest.

(Foto: Kacper Pempel/Reuters)

Über Webseiten wie XTraderFX oder Cryptopoint sollen Anleger um mehr als 100 Millionen Euro geprellt worden sein. Nun wurden zwei Tätergruppen ausgehoben.

Von Uwe Ritzer

Es ist der bislang größte Schlag gegen Internetbetrüger, die über Plattformen mit Namen wie XTraderFX, Cryptopoint, SafeMarkets oder OptionStarsGlobel Zehntausende Anleger um ihr Geld bringen. In einer groß angelegten Aktion haben Polizei und Staatsanwaltschaften aus Deutschland, Österreich, Serbien und Bulgarien, sowie der europäischen Justizbehörde Eurojust zwei internationale Tätergruppen ausgehoben, die Tausende Anleger um mehr als 100 Millionen Euro geprellt haben sollen. Neun Tatverdächtige wurden verhaftet, darunter ein 36-jähriger Deutscher.

"Action Day" nannten die Ermittler intern den Tag, auf den sie sich monatelang vorbereiteten. Vergangenen Donnerstag schließlich schlugen sie hauptsächlich in der bulgarischen Hauptstadt Sofia und in der serbischen Kapitale Belgrad zu. Die Fahnder durchsuchten insgesamt zehn Büros und Wohnungen und nahmen sieben Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 25 und 49 Jahren fest.

Der Anstoß für die internationalen Ermittlungen und die Razzia am 2. April ging von der bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg angesiedelten Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) aus. Dort liegen Hunderte Strafanzeigen betrogener Anleger aus dem gesamten Bundesgebiet. Der angezeigte Gesamtschaden liegt bei zehn Millionen Euro, wobei Ermittler von einer weit höheren Dunkelziffer ausgehen.

Die ZCB erwirkte Haftbefehle gegen die mutmaßlichen Drahtzieher wegen gewerbs- und bandenmäßigem Betrug. Unter den Beschuldigten ist der besagte 36-jährige Deutsche, der seine Geschäfte zuletzt vorwiegend von Bulgarien aus betrieb. Zudem beschlagnahmte die Bamberger Generalstaatsanwaltschaft knapp 2,5 Millionen Euro auf einem Konto beim Zahlungsdienstleister Wirecard.

Die Verdächtigen arbeiteten nach Erkenntnissen der Ermittler für zwei Tätergruppen. Die eine betrieb Internet-Handelsplattformen mit den Namen XTraderFX, Cryptopoint, SafeMarkets, OptionGlobalStars und GoldenMarkets. Die andere Bande unterhielt die Seiten Trade Capital, Fibonetix, Nobel Trade und Forbslab. All diese Internetseiten wurden inzwischen von den Behörden stillgelegt. Über diese Plattformen werden Anleger geködert, ihre persönlichen Daten zu hinterlegen und anschließend einen überschaubaren Geldbetrag - in der Regel 250 bis 300 Euro - zu investieren. Ihnen wird vorgegaukelt, dass das Geld in Kryptowährungen oder Finanzinstrumente wie CFD und Forex investiert wird. Tatsächlich landet jeder Euro umgehend in den Taschen der Kriminellen. "Die eingezahlten Gelder werden zu keinem Zeitpunkt einer Kapitalanlage zugeführt, die für den Kunden sichtbare Handelsplattform ist ebenso wie das angebliche Kundenkonto reine Täuschung", so die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg.

Speziell geschulte, angebliche "Broker" animieren die Anleger telefonisch zu immer höheren Geldanlagen. Es gibt Fälle, in denen Opfer sechsstellige Geldbeträge investiert haben. Wer aussteigen will dem werden Verluste vorgegaukelt, die angeblich nur mit weiteren "Investitionen" rückgängig gemacht werden können. Die angeblichen Broker sind in Wahrheit Mitarbeiter in Call-Centern, die vorwiegend in Osteuropa angesiedelt sind. Genau hier setzte die Aktion der Fahnder am "Action Day" an.

Bei den festgenommenen handelt es sich um solche Call-Center-Agents, die nach ZCB-Angaben bei deutschsprachigen Anlegern besonders hohe Summen abzockten. Eine der beiden zerschlagenen Tätergruppen spielt auch in einem anderen großen Fall von Cyberbetrug eine Rolle. Dabei wurde im vergangenen Jahr in Österreich ein Betrügerring zerschlagen. Ein mutmaßlicher Haupttäter aus Deutschland wurde im Januar 2019 in Österreich verhaftet und sitzt inzwischen in deutscher Untersuchungshaft. Sein mutmaßlicher Komplize ist ein israelischer Staatsbürger, der zeitgleich im bulgarischen Sofia unter Hausarrest gestellt und im Januar 2020 nach Österreich ausgeliefert wurde, wo er nun ebenfalls in U-Haft sitzt.

Zur SZ-Startseite
´Enter Password" - Computerbetrug

MeinungAnlagebetrug im Internet
:Es braucht Spezialeinheiten aus Polizei und Staatsanwälten

Anlagebetrug im Netz ist allein in Europa ein Milliardengeschäft. Millionen Menschen sind betroffen und die Strafverfolger tun sich schwer, über die Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: