BMW:Der neue Chef muss klare Kante zeigen

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Der Autokonzern machte im ersten Quartal des Jahres Verluste. (Foto: REUTERS)

Aus BMW wurde in den vergangenen Jahren ein Konzern der Zaghaftigkeit. Nach Harald Krügers Abtritt kann der Autobauer eine ganz andere Richtung einschlagen.

Kommentar von Thomas Fromm

Es ist eines der großen Mysterien dieses Autokonzerns, die sich nur schwer erklären lassen. Vor mehr als sechs Jahren startete BMW mit viel Marketing seine Elektroautooffensive. Der i3 war rein optisch vielleicht nicht sehr sexy, aber er versprach den Wandel, und das zu einer Zeit, in der woanders noch in großem Stil die Abgassysteme von Dieselmotoren manipuliert wurden. Einige sahen BMW da schon auf dem Wege, so etwas wie ein oberbayerischer Tesla zu werden. Allerdings: Nicht nur die Rivalen machten sich über die kleinen Stromer und ihr mit Olivenblattextrakten gegerbtes Leder-Interieur lustig. Auch die Fraktion der Traditionalisten und Benzinliebhaber im eigenen Haus fand das neue Projekt ziemlich überflüssig.

Als das erhoffte Geschäft dann ausblieb, konzentrierte man sich in München wieder vor allem aufs Altbewährte: große Geländewagen mit großen Gewinnmargen. Betriebswirtschaftlich mag das nahegelegen haben, strategisch aber machte der Konzern einen schweren Fehler, als er seine Elektroautostrategie nicht weiter offensiv vorantrieb und so seinen Vorsprung ohne Not verspielte. Andere zogen an BMW vorbei, die Gewinne brachen ein. Aus BMW, dem notorisch zurückhaltenden Unternehmen, wurde in wenigen Jahren ein Konzern der Zaghaftigkeit.

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Für viele hat diese Zaghaftigkeit inzwischen ein Gesicht: BMW-Chef Harald Krüger, seit 2015 im Amt und nun kurz vor dem Abgang, galt anfangs noch als jugendlich-moderater Gegenentwurf zur alten Automobilistengarde. Im Laufe der Jahre aber wurde ihm immer öfter vorgeworfen, zu wenig durchsetzungsstark zu sein. Gerne ein paar Elektroautos, warum nicht auch ein bisschen Nachhaltigkeit, aber gerne auch ganz viele Geländewagen. Krüger wurde zum Einerseits-Andererseits-Strategen: stets freundlich, aber irgendwie auch beliebig. Zuletzt kündigte er an, schon 2023 und damit zwei Jahre früher als gedacht 25 Autos mit Elektroantrieb anzubieten. Das war richtig, aber zu spät.

Wenn der Aufsichtsrat am 18. Juli über die Nachfolge des gerade erst 53-Jährigen berät, geht es also nicht nur um eine Personalie. Es geht um die Frage, was BMW künftig sein will. Ein Hersteller großer, teurer Premium-SUVs? Oder ein überzeugender Vorreiter alternativer Mobilität, ein Anbieter von Elektro-, Hybrid- und Brennstoffzellenautos? Beides wird künftig immer schwerer zu vereinbaren sein. Der Hersteller ist, zumindest im Vergleich zu Konzernen wie VW, Toyota oder General Motors, ein verhältnismäßig kleiner Autobauer. Das kann durchaus eine Chance sein. Allerdings brauchen die Münchner dafür eine klare Kante.

Es wird auf die richtige Strategie mit den richtigen Autos ankommen, aber nicht nur. Denn es ging bei BMW nie nur um Autos, sondern auch um die Menschen dahinter. Die Schwächen des Vorstandschefs Harald Krüger hatten vor allem auch damit zu tun, dass der erfolgreiche Vorgänger, der ihn für seine Nachfolge auserkoren und ins Amt gehievt hatte, immer auch ein überaus starker Aufsichtsratschef war: Norbert Reithofer. Weil der heute 63-Jährige direkt und ohne Pausieren vom Vorstands- auf den Aufsichtsratschefposten gewechselt war, soll er im Konzern eine Art Schatten-Chef geworden sein. Wer auch immer jetzt Krüger nachfolgt: Er muss nicht nur klare Kante zeigen. Er braucht auch viel Freiraum.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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