Kritik vom Kartellamt:Übernahme von Plus vor dem Aus

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Die Fusion der Discountkette Plus mit Edeka droht am Kartellamt zu scheitern: Die Wettbewerbsbehörde befürchtet von dem Zusammenschluss Nachteile für die Kunden.

Stefan Weber

Edeka, der größte deutsche Lebensmittelhändler, hatte sich im November vergangenen Jahres mit dem Familienunternehmen Tengelmann als Eigentümer der Plus-Gruppe darauf verständigt, die eigene Discountkette Netto mit Plus in ein Gemeinschaftsunternehmen einzubringen. An dieser Gesellschaft soll Edeka 70 Prozent und Tengelmann 30 Prozent der Anteile halten. Nach intensiver Prüfung ist das Kartellamt nun zu dem Schluss gekommen, dass ein Bündnis der beiden Discounter den Wettbewerb an zahlreichen Standorten einschränkt. Unternehmensnahen Kreisen zufolge hat die Behörde eine entsprechende Stellungnahme den Beteiligten am vergangenen Freitag zugestellt.

Tengelmann will seinen Discounter Plus mit dem Edeka-Ableger Netto zusammenbringen. Kartellwächter befürchten nun Wettbewerbseinschränkung. (Foto: Foto: dpa)

Wettbewerb eingeschränkt

Netto verfügt in Deutschland über etwa 1100 Standorte; mit den Plus-Märkten würde Edeka im Discountbereich über ein Filialnetz von 4000 Geschäften verfügen. Nur Marktführer Aldi ist bundesweit ähnlich stark präsent; Lidl betreibt etwa 2800 Märkte. Gemessen am Umsatz sind Netto/Plus mit knapp elf Milliarden Euro nur eine starke Nummer drei hinter Aldi (27 Milliarden Euro) und Lidl (zwölf Milliarden Euro).

In Gesprächen mit dem Kartellamt hatten Edeka und Tengelmann bereits im vergangenen Herbst ausgelotet, wie die Wettbewerbshüter ein mögliches Zusammengehen ihrer Discount-Töchter bewerten würde. "Damals sah es so aus, als würde es keine Probleme geben", berichtet ein ranghoher Manager. Die Firmen gingen davon aus, dass die Behörde allenfalls bei 200 bis 250 Plus-Filialen eine Einschränkung des Wettbewerbs sehen und auf einen Verkauf dieser Märkte an einen Dritten drängen würde. "Die Filialnetze ergänzen sich geografisch ideal. Überschneidungen gibt es kaum", hatten Edeka-Chef Alfons Frenk und Erivan Haub, der geschäftsführende Gesellschafter der Tengelmann-Gruppe, im November vorigen Jahres betont.

Inzwischen sieht das Kartellamt eine Übernahme von Plus durch Netto offensichtlich sehr viel kritischer. Konkrete Auflagen, von wie vielen Märkten sich die beiden Billiganbieter im Falle eines Zusammengehens trennen müssten, soll die Behörde jedoch noch nicht formuliert haben. Bei seiner Prüfung hat das Amt nicht nur untersucht, ob durch eine Ballung von Netto- und Plus-Märkten an einzelnen Standorten der Wettbewerb eingeschränkt würde. Zusätzlich hat die Behörde erstmals intensiv geprüft, welche Einkaufsmacht durch ein Bündnis von zwei führenden Lebensmittelhändlern entsteht und welche Folgen dies für den Wettbewerb haben könnte.

Zu diesem Zweck haben die Mitarbeiter des Kartellamtes zahlreiche Lieferanten der beteiligten Unternehmen befragt. Denn die Vereinbarung zwischen Edeka und Tengelmann geht über die Bildung einer gemeinsamen Tochter für das Discountgeschäft hinaus. Zusätzlich haben sich die Unternehmen darauf verständigt, gemeinsam einzukaufen. Auf diese Weise will Tengelmann die im Konkurrenzvergleich hohen Beschaffungskosten für seine Supermärkte (Kaiser's, Tengelmann) senken. Dass die Behörde den Deal zwischen Edeka und Tengelmann inzwischen kritischer sieht, hat nach Einschätzung unternehmensnaher Kreise möglicherweise auch damit zu tun, dass die Zuständigkeit für dieses Verfahren vor einigen Monaten gewechselt hat.

Edeka und Tengelmann wollen nun alles daran setzen, die Bedenken des Kartellamtes auszuräumen. Das Ziel, den Eigentümerwechsel bei Plus wie geplant zum 1. Mai 2008 perfekt zu machen, ist nach Informationen aus dem Umfeld der Firmen nicht mehr zu halten. Der Abschluss werde sich um mindestens vier bis sechs Wochen verschieben, heißt es. Unternehmensnahe Kreise schließen jedoch auch nicht aus, dass der Deal am Ende noch platzt. Sollte der Verkauf tatsächlich scheitern, müsste Tengelmann einen neuen Käufer für Plus suchen oder den Discounter weiter allein betreiben. Das wäre misslich für das Familienunternehmen, das sich vor allem deshalb von Plus trennen wollte, weil es keine Chance sah, im Alleingang zu den beiden Marktführern Aldi und Lidl aufzuschließen, die ihre Position obendrein mit hohen Investitionen weiter ausbauen.

Bietgefecht mit Rewe

Neben Edeka war auch Rewe stark an Plus interessiert gewesen, um seine Discounttochter Penny zu stärken. Die beiden Bewerber hatten sich ein Bietgefecht geliefert, das Tengelmann dem Vernehmen nach einen ungewöhnlich guten Preis für Plus bescherte. Das Mülheimer Familienunternehmen wollte den Veräußerungserlös unter anderem dafür einsetzen, um sein Supermarktgeschäft (Kaiser's, Tengelmann) voranzubringen. Ein Verkauf der deutschen Plus-Märkte an die Rewe-Gruppe gilt als ausgeschlossen, weil sich die Standorte der Discount-Tochter Penny mit etwa 2000 Läden und die der Plus-Märkte noch stärker überlappen als Netto und Plus.

© SZ vom 07.04.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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