Süddeutsche Zeitung

Kritik an Banken:Köhler geißelt Finanzmärkte als "Monster"

Scharfe Kritik von Bundespräsident Horst Köhler: Das Staatsoberhaupt wirft den Banken vor, die Weltfinanzmärkte zu einem "Monster" entwickelt zu haben. Die deutschen Banken wollen die Äußerungen zunächst nicht kommentieren.

"Wir waren nahe dran an einem Zusammenbruch der Weltfinanzmärkte", sagte Köhler dem Stern laut Vorabmeldung vom Mittwoch. Er forderte eine strengere Regulierung.

"Jetzt muss jedem verantwortlich Denkenden in der Branche selbst klargeworden sein, dass sich die internationalen Finanzmärkte zu einem Monster entwickelt haben, das in die Schranken gewiesen werden muss." Ganz offensichtlich hätten die Banker so viele Derivate geschaffen, dass sie am Ende selbst nicht mehr verstanden hätten, wie die wirkten, kritisierte das Staatsoberhaupt.

"Die Überkomplexität der Finanzprodukte und die Möglichkeit, mit geringstem eigenem Haftungskapital große Hebelgeschäfte in Gang zu setzen, haben das Monster wachsen lassen", sagte Köhler. "Es hat kaum noch Bezug zur Realwirtschaft. Dazu gehören auch bizarr hohe Vergütungen für einzelne Finanzmanager." Die Finanzwelt habe sich mächtig blamiert. Er vermisse noch immer "ein klar vernehmbares mea culpa" (Schuldbekenntnis).

Zur Kontrolle der Weltfinanzmärkte forderte der Bundespräsident, der früher Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) war, eine "strengere und effizientere Regulierung". Erforderlich seien zudem "mehr Eigenkapitalunterlegung für Finanzgeschäfte, mehr Transparenz und auch eine globale Institution, die unabhängig über die Stabilität des internationalen Finanzsystems wacht". Mit dieser Aufgabe solle der IWF betraut werden.

Der Bundespräsident forderte zugleich eine strategische Überprüfung des deutschen Finanzsektors. "Die meisten Landesbanken haben offensichtlich kein tragfähiges Geschäftsmodell", kritisierte Köhler. Er habe daher schon vor seiner Zeit als Bundespräsident für die beste Lösung gehalten, die sieben beherrschenden Landesbanken zu einer Zentralbank der Sparkassen zu fusionieren. Auch die deutschen Privatbanken "sollten sich in einer Form konsolidieren, dass wir uns auf sie verlassen können".

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