Süddeutsche Zeitung

Krisentreffen in Berlin:Nur warme Worte

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Kanzlerin Merkel will dem griechischen Ministerpräsidenten Papandreou kein Geld geben. Im Notfall allerdings würde die Staatsbank KfW Anleihen kaufen.

Claus Hulverscheidt, Berlin

Die Bundesregierung wird das hochverschuldete Griechenland vorerst nicht finanziell unterstützen. Kanzlerin Angela Merkel sagte nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Giorgos Papandreou in Berlin, diese Frage stelle sich derzeit nicht. Athen habe auch nicht um finanzielle Unterstützung gebeten. In Griechenland selbst kam es zu Krawallen, bei denen unter anderem ein Gewerkschaftsführer verletzt wurde.

Merkel lobte ausdrücklich die Anstrengungen Griechenlands zur Reduzierung des Haushaltsdefizits. Sie sei "dankbar, mit welchem Mut und mit welcher Kraftanstrengung sich Parlament und Regierung in Griechenland der Herausforderung gestellt haben", sagte Merkel mit Blick auf das Sparpaket der Regierung in Athen.

Die Kanzlerin sprach auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Papandreou von einem "außerordentlich wichtigen Schritt" zur Lösung der Krise. Sie verwies auf den erfolgreichen Verkauf einer Staatsanleihe, der der Regierung in Athen am Donnerstag fünf Milliarden Euro eingebracht hatte. Die Märkte hätten wieder Vertrauen gefasst, sagte Merkel. Papandreou erklärte, das Sparprogramm seiner Regierung sei "schwierig, aber notwendig". Er wies Forderungen zurück, Griechenland solle Staatsbesitz, möglicherweise sogar Inseln veräußern.

In Berliner Regierungskreisen hofft man nach dem Auktionserfolg Athens darauf, dass das EU-Partnerland sein riesiges Haushaltsloch am Ende tatsächlich ohne Hilfe von außen wird schließen können. Ausgemacht ist das aber noch nicht, da Griechenland allein bis Ende Mai weitere 15 Milliarden Euro umschulden muss.

Andere EU-Staaten müssten mitziehen

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wäre die Bundesregierung im Notfall dazu bereit, der staatseigenen Förderbank KfW den Auftrag zum Kauf griechischer Staatsanleihen zu erteilen. Voraussetzung wäre allerdings, dass andere EU-Staaten mitzögen und dass die Athener Regierung ihr Sparkonzept ohne Abstriche umsetzt. Das Programm, das am Freitag vom griechischen Parlament beschlossen wurde, sieht Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen im Gesamtumfang von 4,8 Milliarden Euro vor. In Deutschland entspräche das - gemessen an der Wirtschaftskraft - einem Einsparvolumen von 50 Milliarden Euro.

Unmittelbar vor seinem Besuch in Berlin traf Papandreou am Freitag mit dem luxemburgischen Regierungschef Jean-Claude Juncker zusammen, der zugleich Vorsitzender der Euro-Finanzminister ist. Juncker bezeichnete die Sparbemühungen Griechenlands als "glaubwürdigen Konsolidierungsbeitrag", der seine Wirkung entfalten werde. Juncker betonte, er gehe vorerst nicht davon aus, dass Hilfe anderer Staaten nötig wird. Falls notwendig, würde die EU aber handeln, um die Stabilität des Euro zu wahren.

In Griechenland selbst erreichte die Protestwelle gegen die Regierung einen neuen Höhepunkt: Der Gewerkschaftschef Yiannis Panagopoulos wurde während einer Rede vor mehr als 7000 Demonstranten von maskierten Jugendlichen angegriffen und nach einer heftigen Rangelei blutend in Sicherheit gebracht. Jugendliche bewarfen Polizisten und Wachsoldaten mit Steinen, die Beamten setzten Schlagstöcke, Tränengas und Blendgranaten ein. Zugleich legte eine Welle von Streiks den Verkehr lahm. Busse und Bahn fuhren in Athen nicht mehr, zahlreiche Inlandsflüge fielen aus. Auch viele Beamte, Lehrer, Ärzte und Journalisten des staatlichen Rundfunks legten die Arbeit nieder.

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SZ vom 06./07.03.2010
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