Süddeutsche Zeitung

Krisengewinnler:Schutz vor Attacken

Die Bundesregierung befürchtet einen Ausverkauf von deutscher Spitzentechnologie nach der Corona-Krise. Sie will feindliche Übernahmen durch ausländische Investoren verhindern, notfalls durch neue Gesetze. Vor allem China wird ein großes Interesse nachgesagt.

Von Markus Balser, Henrike Roßbach, Berlin

In der deutschen Politik wächst die Angst vor feindlichen Übernahmen deutscher Unternehmen infolge der Corona-Krise. "Wir haben nicht nur einen viralen Angriff. Wir könnten auch einen Wirtschaftsangriff danach erleben", sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) der Süddeutschen Zeitung. Geschwächte Firmen könnten ins Visier internationaler Investoren geraten.

Für Scheuer ist dies ein naheliegendes Szenario, das die Regierung mit aller Kraft abwenden müsse. "Es gibt weltweites Interesse an erfolgreichen deutschen Unternehmen auch in der Mobilität und der Infrastruktur." Er sei bereits in Gesprächen mit anderen Ministern und Ministerien, sagte Scheuer und kündigte Gegenmaßnahmen an: "Wir wollen dafür sorgen, dass wir diese Pläne von außen abwehren. Es geht darum, Wirtschaftskraft in Deutschland nach der Krise zu sichern."

Auch im Bundesfinanzministerium steht das Thema auf der Agenda. "Im Fokus steht gerade der Kampf gegen das Virus, der Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie unser Engagement, Unternehmen und Beschäftigte in dieser schwierigen Zeit zu schützen", sagt Finanzminister Olaf Scholz der SZ. "Dazu setzen wir auch die große Finanzkraft unseres Staates ein. Damit können sich Unternehmen schützen - auch vor unliebsamen Überraschungen." Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte, dabei dürfe es keine Tabus geben. Vorübergehende staatliche Beteiligungen und Übernahmen seien mögliche Instrumente. Um Unternehmen finanziell zu stützen, aber auch, um sie vor unerwünschten Übernahmen zu schützen, will das Bundeskabinett am Montag ein großes Gesetzespaket verabschieden.

Aus der Industrie kam Lob. Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, sprach am Sonntag davon, dass sich eine "richtige wirtschaftspolitische Strategie" abzeichne. Dazu gehörten zwingend Liquiditätsschutz für die Unternehmen, Mobilitätsschutz für Arbeitskräfte und Waren und Schutz vor Firmenübernahmen aus dem Ausland. "Niemand weiß aktuell, wie lange und wie tief die Rezession sein wird."

Aus den Bundesländern kommt zudem die Forderung nach schärferen Gesetzen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) plädiert dafür, bei Bedarf ausländische Übernahmen zu verbieten, die deutsche Firmen in Geldnot günstig kaufen wollen. "Wenn am Ende dieser Krise steht, dass nahezu die gesamte bayerische und deutsche Wirtschaft in ausländischer Hand ist, wir keine Steuerungsoptionen mehr haben, dann ist das nicht nur eine medizinische Krise", sagte Söder. "Dann ist das auch eine komplette Änderung der weltwirtschaftlichen Ordnung. Auch dagegen müssen wir uns wappnen."

Bei börsennotierten Unternehmen führt allein der Absturz der Kurse dazu, dass Investoren sich vergleichsweise billig an deutschen Unternehmen beteiligen könnten. Bekannt ist, dass China Interesse an ausländischer Spitzentechnologie hat.

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Quelle:
SZ vom 23.03.2020
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