Kampf gegen die Krise:Wie Europas Jugend wieder Hoffnung schöpfen kann

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People shout slogans during gathering marking one year anniversary of Spain's Indignados movement in Madrid

Protest in Madrid

(Foto: REUTERS)

Die Jugendarbeitslosigkeit ist eine Bedrohung für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik: Es besteht die Gefahr, dass eine ganze Generation, die sich im Stich gelassen fühlt, den Sirenenklängen der Populisten und Extremisten erliegt. Gegen die Ausgrenzung ganzer Teile der Gesellschaft muss Europa etwas unternehmen, denn sie könnte die Demokratie in ihren Grundfesten erschüttern.

Ein Gastbeitrag von Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble, Pierre Moscovici und Michel Sapin

Die Autoren - Ursula von der Leyen, deutsche Bundesministerin für Arbeit und Soziales; Wolfgang Schäuble, deutscher Bundesfinanzminister; Pierre Moscovici, französischer Minister für Wirtschaft und Finanzen; Michel Sapin, französischer Minister für Arbeit, Beschäftigung, berufliche Bildung und Sozialdialog - diskutieren das Thema auch auf einer Konferenz in Paris (Livestream hier), über die SZ.de berichten wird.

Nahezu sechs Millionen Jugendliche sind derzeit in Europa arbeitslos. In den am stärksten von der Krise betroffenen Ländern hat die Arbeitslosigkeit ein Ausmaß angenommen, das nicht hingenommen werden kann. Europa kann sich keine für die Arbeitswelt verlorene Generation leisten.

Die seit dem Ausbruch der Krise vor drei Jahren unternommenen gemeinsamen Anstrengungen in der Eurozone zur Krisenbekämpfung zeigen nunmehr Wirkung. Es ist sicherlich noch zu früh zu sagen, dass die Krise überwunden sei. Aber die Fakten belegen eindeutig, dass die europäische Antwort auf die Krise, nämlich die Sanierung der Staatsfinanzen und die Modernisierung unserer Volkswirtschaften, die richtige ist. Dies belegt auch das steigende Vertrauen der Märkte.

Die mit der Bekämpfung der Finanzkrise explosionsartig angestiegenen Staatsschulden machen eine Konsolidierung der Haushalte unvermeidlich. Damit sichern wir nicht nur unsere Sozialsysteme, sondern auch unsere Souveränität und die Fähigkeit unserer Staaten, ihre Aufgaben uneingeschränkt wahrzunehmen. Ein Verzicht auf diese Maßnahmen würde die kommenden Generationen mit einer schweren Hypothek belasten.

Darüber hinaus haben die Europäer dem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, der durch die Krise schonungslos aufgedeckt wurde, energische, mutige und visionäre Strukturreformen entgegengesetzt. Nur so können sie angesichts der Herausforderung, die die unumkehrbare Globalisierung und damit die weltweite Konkurrenz darstellt, bestehen. Der europäische Ansatz, nicht nur die Symptome zu behandeln, sondern die Wurzeln und strukturellen Ursachen der Krise zu bekämpfen, schafft die Grundlagen für eine Rückkehr zu nachhaltigem Wachstum. Wie bereits in der Vergangenheit wird Europa auch aus dieser Krise geeinter und stärker als je zuvor hervorgehen.

Entwurf für eine umfassende und unmittelbare europäische Antwort

Die wirtschaftliche Erholung der Eurozone ist zwar auf dem richtigen Weg, aber für viele Bürgerinnen und Bürger geht sie mit schmerzhaften Opfern einher. Als Arbeits- und Finanzminister Deutschlands und Frankreichs halten wir es für unumgänglich, dass die Reform- und Konsolidierungsanstrengungen mit neuen Anstößen für Beschäftigung und Wachstum einhergehen, die den grundlegenden Wandel durch unsere strukturellen Maßnahmen flankieren und vorausschauend unterstützen.

An erster Stelle müssen die Jugendlichen davon profitieren. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist eine Bedrohung für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Sie unterminiert die Werte der Solidarität, die die Stärke Europas ausmachen. Sie belastet die öffentlichen Haushalte und untergräbt unsere Wirtschaftsstruktur und unser Potenzial an Arbeitskräften. Das damit einhergehende politische Risiko ist nicht weniger beunruhigend. Es besteht die Gefahr, dass eine ganze Generation, die sich im Stich gelassen fühlt, Europa den Rücken kehrt und den Sirenenklängen der Populisten und Extremisten erliegt. Die wirtschaftliche Ausgrenzung ganzer Teile unserer Gesellschaften könnte unsere Demokratien in ihren Grundfesten erschüttern.

Die europäischen Solidaritätsmechanismen, die wir in den letzten drei Jahren geschaffen haben, die verstärkte Koordinierung unserer Wirtschaftspolitiken, unsere politischen und wirtschaftlichen Reformen und das ehrgeizige Projekt einer Bankenunion zeigen, dass uns Einigkeit stark macht. Dies sollten wir nutzen, um dem wachsenden Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Europa mit schnell und dauerhaft wirksamen Maßnahmen zu begegnen. Bei unserem Treffen in Paris an diesem Dienstag werden wir einen Entwurf für eine umfassende und unmittelbare europäische Antwort vorstellen, die auf den folgenden Pfeilern beruht: Finanzierung, Ausbildung, Eingliederung der Jugend in das Erwerbsleben und Mobilität.

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