Kriselnde Euro-Länder:EZB reduziert Anleihenkäufe drastisch

Ändert die Europäische Zentralbank ihre Strategie? Kriselnde Euro-Staaten wie Spanien und Italien warteten in den vergangenen Tagen vergeblich auf Anleihenkäufe der EZB. Diese investierte gerade mal 600 Millionen Euro.

In den Wochen vor dem Euro-Krisengipfel in Brüssel ist die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Politik immer wieder kritisiert worden: Sie kaufe zu viele Staatsanleihen überschuldeter Euro-Staaten und riskiere damit einen "toxischen Schock", hieß es - vor allem aus Deutschland. Nun hat die Zentralbank ihre Staatsanleihenkäufe tatsächlich drastisch reduziert.

Standard and Poor's zweifelt an Kreditwuerdigkeit der Eurozone

In der Woche vor dem EU-Gipfel in Brüssel hat die Europäische Zentralbank deutlich weniger Staatsanleihen angeschlagener Euro-Staaten gekauft, als in den Wochen zuvor.

(Foto: dapd)

Die EZB kaufte in der Woche bis zum Euro-Krisengipfel für weit weniger als eine Milliarde Euro Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder. Sie habe Papiere im Wert von 635 Millionen Euro am Sekundärmarkt erworben, teilte sie in Frankfurt mit. In der Woche davor waren es rund 3,7 Milliarden Euro gewesen. Seit Mai 2010 hat die Zentralbank damit Bonds im Gesamtwert von 207,5 Milliarden Euro aufgekauft.

Die aktuelle Statistik der Notenbank umfasst aber möglicherweise nicht alle Anleihekäufe der EZB in der vergangenen Woche. In den Zahlen sind nur Käufe enthalten, die bis vergangenen Freitag vollständig abgewickelt wurden. Für gewöhnlich liegen zwischen Kauf und Abwicklung der Papiere mindestens zwei Handelstage.

Wie in den vergangenen Wochen will die Notenbank die Überschussliquidität einsammeln, die aus den gesamten Anleihekäufen resultiert. Dies sind nunmehr 207,5 Milliarden Euro. Am Dienstag soll ein entsprechendes Geschäft mit den Banken durchgeführt werden.

Hintergrund der Käufe ist die drohende Eskalation der europäische Schuldenkrise. Die Notenbank hatte im Frühjahr 2010 mit dem Kauf griechischer Staatstitel begonnen und zuletzt auch Papiere aus Italien und Spanien erworben.

Bereits nach dem EU-Gipfel in Brüssel hatten Analysten die EU-Beschlüsse kritisiert: Die geplanten Maßnahmen würden nichts an den bestehenden Schulden ändern. Vor allem die Zurückhaltung der EZB, im großen Umfang Anleihen in Not geratener Euroländer zu kaufen, stand in Zentrum der Kritik. "Die Maßnahmen der EU reichen für die Märkte nicht aus", sagte Mitul Kotecha von der französischen Bank Credit Agricole. Besonders enttäusche ihn, dass die EZB auftrete wie ein Retter in letzter Not, dann aber Entscheidungen von der Börsenstimmung abhängig mache.

Die europäischen Märkte reagierten am Montagvormittag einheitlich negativ, nachdem die Kurse am Freitag nach den EU-Beschlüssen kurzzeitig in die Höhe geschnellt waren. In Italien fielen zwar die Zinsen bei einer Auktion zwölfmonatiger Anleihen von zuletzt 6,09 Prozent auf 5,92 Prozent, auf dem aussagekräftigeren Sekundärmarkt zogen die Zinsen dagegen wieder an.

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