Arbeitsplätze:Bei diesen Firmen sollen Jobs wegfallen

Lesezeit: 3 Min.

Protestplakate der IG Metall vor dem Werksgelände von Thyssenkrupp Steel Europe in Duisburg. (Foto: Christoph Reichwein/dpa)

Thyssenkrupp, Bosch, Schaeffler, VW: Zuletzt kamen die Meldungen über den geplanten Jobabbau in großen Unternehmen beinahe im Tagesrhythmus. Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung.

Von Christina Kunkel, Oliver Klasen

Zuletzt kamen die Meldungen fast im Tagesrhythmus: In der Stahlsparte von Thyssenkrupp sollen 5000 Arbeitsplätze abgebaut und 6000 aus dem Unternehmen ausgelagert werden, sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich eingeschaltet und mit dem Betriebsratschef telefoniert. Im Technologiekonzern Bosch fallen 3800 Stellen weg, bei Siemens ist es, ausgerechnet im Zukunftsgeschäft Automatisierung „eine niedrige bis mittlere vierstellige Zahl“, wie der Vorstand vor zwei Wochen bekanntgab. Bei Ford stehen in Deutschland fast 3000 Jobs auf der Kippe, beim Autozulieferer Schaeffler sogar 7000 – und das sind jetzt nur die Unternehmen, die im Monat November mit Abbauplänen in den Schlagzeilen waren. Etliche weitere Betriebe hatten zuvor bereits drastische Sparmaßnahmen angekündigt. Und über allem schwebt ohnehin die Krise bei Volkswagen, wo der Verlust von Zehntausenden Arbeitsplätzen droht.

Die Krise hat inzwischen den Kern der deutschen Wirtschaft erfasst: die großen Industrieunternehmen, quer über die meisten Branchen. Wie schlecht es steht, hat vor wenigen Tagen der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im Industriebericht 2024 aufgelistet. Besonders alarmierend sei, dass gerade „die deutschen Leitbranchen“ in diesem Jahr mit starken Produktionsrückgängen zu kämpfen hätten. Fahrzeugbau minus 6,9 Prozent, Maschinenbau minus 8,5 Prozent, Elektroindustrie minus 10,7 Prozent.

Die strukturellen Probleme, mit denen viele Unternehmen zu tun haben – das Wegbrechen des Absatzmarktes in China, hohe Energiekosten, Reibungsverluste durch Bürokratie – äußern sich nicht mehr nur in mauen Geschäftszahlen. Sie schlagen jetzt mit Wucht auf die Beschäftigten durch.

Besonders angespannt ist die Situation in der Automobilbranche. Hier kommt noch hinzu, dass oft ganze Regionen wie zum Beispiel das östliche Niedersachsen stark von den großen Herstellern und den vielen Zulieferern im Umfeld abhängig sind. Schließt ein großes Produktionswerk, löst das eine Kettenreaktion aus. Auch wenn es noch keine konkreten Zahlen zum geplanten Stellenabbau bei VW gibt, ist die Sorge bei den Mitarbeitern groß. Sollte sich der Vorstand mit seinen Sparplänen durchsetzen, sind im schlimmsten Fall mehrere Werke in Gefahr, betriebsbedingte Kündigungen könnte der Autohersteller allerdings frühestens Mitte des kommenden Jahres aussprechen.

Bei Ford in Köln erhielten die Beschäftigten vergangene Woche die Nachricht, dass bis 2027 rund 2900 Jobs wegfallen sollen. 13 000 Menschen arbeiten bisher dort. In Köln gilt jedoch noch – wie in einigen größeren Unternehmen – eine Beschäftigungsgarantie, die betriebsbedingte Kündigungen bis zu einem gewissen Zeitpunkt ausschließt. Doch diese Vereinbarungen, die die Mitarbeiter schützen sollen, können auch einseitig gekündigt werden, so wie es VW im September getan hat.

Volkswirtschaftlich gesehen herrscht ohnehin Fachkräftemangel

Dennoch sind viele Jobabbaupläne und die in diesem Zusammenhang genannten Zahlen zunächst einmal nur Ansagen der Unternehmensspitze. Ob und wie viele Menschen dann tatsächlich eine Kündigung erhalten, zeigt sich in der Regel erst nach längeren Verhandlungen mit Gewerkschaft und Betriebsrat. Viele Firmen nutzen zuerst andere Mittel, sie reduzieren die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten, so wie es Bosch jetzt angekündigt hat, oder legen große Abfindungsprogramme auf, bei denen Mitarbeiter gegen hohe Summen das Unternehmen verlassen sollen. Ein derartiges Programm läuft bereits bei Volkswagen.

Härter als die Autohersteller treffen Jobabbaupläne gerade die Zulieferer hierzulande. Bei Bosch etwa entfällt der größte Teil des in der vergangenen Woche angekündigten Stellenabbaus, 3800 von 5500 Jobs, auf Deutschland. Auch dort stehen die Verhandlungen mit der Gewerkschaft noch aus, die Streichungen sollen „sozialverträglich“ passieren, also möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen, teilte die Unternehmensführung mit. Beim Zulieferer Continental wurden seit Mitte 2023 schon rund 5000 Jobs abgebaut, bis 2028 sollen es weltweit mehr als 7000 sein. Dabei schließt Conti auch betriebsbedingte Kündigungen nicht aus.

Der größte Jobverlust in der Zulieferbranche droht bei ZF in Friedrichshafen. Dort sollen in den kommenden vier Jahren insgesamt bis zu 14 000 Stellen in Deutschland wegfallen, das wäre rund ein Viertel der Belegschaft. Dabei könnten auch ganze Standorte geschlossen werden. Betroffen sind hauptsächlich Produktionsjobs. ZF kündigte zwar an, beim Stellenabbau auf „natürliche Fluktuation“ zu setzen, also Renteneintritte, Altersteilzeit oder Abfindungen. Ganz ausschließen will das Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen jedoch nicht.

Schließlich, das wird bei all den schlechten Nachrichten oft übersehen, werden Jobverluste in bestimmten Sparten von Großunternehmen oft zum Teil kompensiert durch neue Jobs in anderen Geschäftsbereichen. Und volkswirtschaftlich gesehen herrscht ohnehin Fachkräftemangel. Dass die Absatzkrise der Industrie dazu führt, dass Deutschland wieder Arbeitslosenzahlen von fünf Millionen sieht wie Anfang der 2000er-Jahre, steht eher nicht zu befürchten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusAfD und Unternehmen
:„Wer hetzt, wird rausgeschmissen“

Jeder Dritte hat am Arbeitsplatz schon einmal rechtsextremes Verhalten erlebt. Auch beim Mittelständler Heinz-Glas gab es Vorfälle. Bis die Firma tat, was sich viele nicht trauen - hart durchzugreifen.

Von Anna Lea Jakobs

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: