Krise des Investmentbankings:Weniger Risiko macht weniger Spaß

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Die Deutsche Bank kämpft mit Erblasten, viele Investmentbanker wechseln in andere Bereiche. (Foto: REUTERS)

Es verschiebt sich etwas in der Finanzindustrie. Eine schärfere Regulierung und gedeckelte Boni stören viele Investmentbanker, also wechseln diese zu Hedgefonds und Vermögensverwaltern. Das spürt auch die Deutsche Bank.

Von Björn Finke, London, und Markus Zydra, Frankfurt, Frankfurt/London

Die Deutsche Bank kämpft mit Erblasten. Das zeigt sich nicht nur an den vielen juristischen Scharmützeln, die Folge eines langjährigen aggressiven Geschäftsgebarens sind. Die Deutsche-Bank-Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain haben deshalb einen Kulturwandel ausgerufen. Doch mit dem können sich einige Händler der Bank nicht so recht anfreunden. Sie suchen sich neue Jobs.

"Es handelt sich um Leute, die wahrscheinlich eh nicht in die neue Bankenwelt passen", sagte der Co-Chef des Investmentbankings, Colin Fan, der Financial Times. Mitarbeiter, die zwar hohe Umsätze brächten, aber für Unruhe sorgten oder nicht teamfähig seien, bekämen keine Prämien oder Beförderungen mehr. Man sehe daher "definitiv Abflüsse". Diese Kollegen gingen lieber zu weniger scharf überwachten Anbietern wie Hedgefonds. Die Deutsche Bank spricht von einer "Handvoll" Mitarbeiter.

Investmentbanker haben ihren guten Ruf verloren

Dennoch verschiebt sich etwas in der Finanzindustrie. Vor allem Investmentbanker haben durch die Finanzkrise ihren guten Ruf verloren. Dieser Reputationsschaden hält junge und gute Nachwuchskräfte davon ab, Banker zu werden. Und er lockt erfahrene Banker in andere Bereiche, wo sie einer möglichen gesellschaftlichen Ächtung durch Nennung ihres Arbeitgebers entgehen: Entweder wandern sie ab zu einem Hedgefonds, deren Firmennamen sowieso kaum jemand kennt.

Oder aber sie gehen zu einer gesetzlich regulierten Investmentfondsgesellschaft. Dort sind die Gehälter zuletzt deutlich angehoben worden, um Profis aus den Banken vor allem im höheren Management zu integrieren, zumindest in vielen großen Häusern.

"Es gibt eine spürbare Wanderungsbewegung. Banker verlassen die Banktürme und wechseln in die Investmentbranche", sagt Thomas Schüller, Partner der Frankfurter Personalberatung Junges & Schüller. "Ein Grund ist sicherlich, dass sich mancher Banker unwohl fühlt, weil die öffentliche Kritik gegen Banker seit der Finanzkrise so laut ist. Dafür nimmt mancher Kandidat selbst weniger Gehalt in Kauf."

Logan Naidu, Chef der Londoner Headhunter-Firma Dartmouth Partners, sagt, es gebe schon länger den Trend, dass gute Leute von Investmentbanken zu Hedge-Fonds oder Vermögensverwaltern wechseln. Das beschleunige sich. Ein wichtiger Grund sei, dass bei Hedgefonds deutlich mehr verdient werde, vor allem wegen der Prämien und Gewinnbeteiligungen.

"Dazu kommt, dass die Mitarbeiter bei Hedgefonds bessere Arbeitszeiten haben. Anders als Investmentbanker müssen sie nicht ständig nachts ran," sagt der Personalexperte. Außerdem macht der Gesetzgeber Druck: Die Deckelung der Banker-Boni durch die EU und zusätzliche Verwaltungsarbeit durch die schärfere Regulierung macht das Leben der Investmentbanker im Vergleich zu dem der Hedgefonds-Manager nun noch mühsamer.

Einigen Bankern droht aber auch der unfreiwillige Abschied. In London trennten sich Banken von zahlreichen Devisenhändlern, die verdächtigt werden, sie hätten sich mit Kollegen anderer Banken über Order der Kunden ausgetauscht und dieses Insider-Wissen für Geschäfte auf eigene Rechnung genutzt. Finanzaufseher weltweit untersuchen gerade die Machenschaften der Banken auf diesem Markt.

Hohe Risiken waren für manche Händler der Kick im Job

Für Fachkräfte mit einer solchen Vorgeschichte ist es fast unmöglich, bei einer anderen Bank anzuheuern. Einige dieser Devisenprofis fanden aber einen gut bezahlten Unterschlupf bei Hedgefonds an der Themse, denn diese Gesellschaften stehen nicht so sehr im Fokus der Kontrollbehörden.

Douglas Flint, der Aufsichtsratschef der britischen Großbank HSBC, sagt, das immer dichter werdende Netz der Regulierung führe dazu, dass sich viele Mitarbeiter vor allem darum sorgten, wie sie Risiken vermeiden könnten. Dies schade dem Geschäft. Und es gilt als weiterer Grund dafür, dass manche Händler zu Hedgefonds wechseln. Denn für einige Händler ist das große Risiko gerade der Kick an ihrem Job. Wenn hohe Risiken nun weniger erwünscht sind, wenn sich Händler bei heiklen Deals erst lange mit Vorgaben und Informationswünschen der internen Aufseher herumschlagen müssen, macht den Managern ihr Posten auf einmal weniger Spaß - und sie fliehen zu weniger regulierten Hedgefonds. So etwas komme häufiger vor, heißt es in der Branche. Bei der HSBC treten sogar zwei Aufsichtsräte der britischen Landesgesellschaft ab, weil ihnen die schärfere Regulierung nicht passt, die im neuen Jahr in Kraft treten wird. Die neuen britischen Vorschriften drohen Bankmanagern mit Haftstrafen, wenn sie ihr Institut in die Pleite steuern. Manch einem ist das offenbar zu viel des persönlichen Risikos.

© SZ vom 14.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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