Berlin: Friedrichstraße - Hüte und Huren Von Juan Moreno
Es gibt eine nette Geschichte, wie die Friedrichstraße in Berlin zu ihrem Namen kam. Ende des 17. Jahrhunderts hieß sie noch Querstraße, denn sie verlief quer zur wichtigsten Berliner Straße, dem Boulevard Unter den Linden. Berliner waren seit jeher praktisch denkende Menschen und nannten das Offenkundige beim Namen - Querstraße. Friedrich III., damals Kurfürst und Herzog von Brandenburg-Preußen, gefiel das nicht. Als Herrscher nicht brillant, als Egomane kaum zu überbieten, sprach er folgende Sätze: ,,Was heißt hier Querstraße? Ein anständiger Name muss es sein - der Meinige''.
Um ehrlich zu sein, Friedrich III. hätte es bei Querstraße belassen sollen. Der Name würde heute sehr gut passen. Irgendwie ist diese sehr gerade Straße zwischen Mehringdamm im Süden und dem Oranienburger Tor im Norden ein bisschen quer. Das geht beim Einkaufen los. Man kann auf der Friedrichstraße wirklich fast alles kaufen: Döner für 2,50 Euro, Hermès-Krawatten für ein Vermögen, neue Zähne in einer Privatklinik, Rolls-Royce Cabriolets, Jagdhüte, Politikberatung und sogar Liebe, wenn die Nutten an der Oranienburger Straße ein Stück zu weit Richtung Westen gelaufen sind. Es gibt alles, aber wenn man einen Berliner fragt, ob die Friedrichstraße eine Einkaufsstraße ist, sagt er vermutlich: "Nee, dat is der Ku'damm." Ein Ostberliner wird widersprechen, und sagen: "Nee, der Alexanderplatz, da jibbet allet."
Die Friedrichstraße ist wie Berlin Mitte, ein Teil der Stadt, der noch nicht weiß, ob er West oder Ost ist. Neue Mitte haben die Zeitungen das eine Weile genannt. Die Friedrichstraße hat sich noch nicht gefunden. In der Mitte, so zwischen Bahnhof Friedrichstraße und Leipziger Straße, macht sie ein bisschen auf Düsseldorfer Kö oder Münchner Maximilianstraße. Teure Boutiquen, die immer mehr leer sind, wenn die Russen sich nicht gerade in der Privatklinik die Zähne machen lassen, ein paar teuere Hotels und das Kaufhaus Lafayette, das so richtig gute Geschäfte vermutlich auch nicht macht. An den Enden fasert die Straße aus. Da sind unrenovierte Altbauten, heruntergekommene Irish Pubs, Pizza-Straßenverkäufer und türkische Gemüsehändler. Dazwischen verirrte Touristen, die immer wieder fragen: "Und das ist jetzt die berühmte Friedrichstraße, ja?"
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