Kreditkarten:Bußgeld für Mastercard

Mastercard

Mastercard hat die Plattform des Bonusprogramms vorsorglich geschlossen.

(Foto: Fabian Sommer/dpa)

Lange Zeit waren die Gebühren für bargeldlose Zahlungen in Europa überhöht. Jetzt muss der US-Konzern selbst zahlen.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Wenn Kunden online oder im Supermarkt einkaufen und mit Kredit- oder Girokarte bezahlen, enthält der Kaufpreis jedes Mal eine Art Wegezoll. Mindestens zwei Banken und ein Kartenanbieter sind daran beteiligt, das Geld zu verschicken, es abzubuchen vom Konto des Kunden und dem Händler gutzuschreiben. Jede der beteiligten Firmen verdient daran winzige Summen mit: Die Bank des Händlers zahlt der Bank des Kunden eine Gebühr und holt sich diese vom Handelsunternehmen zurückholt. Am Ende zahlt sie der Kunde ganz oder teilweise über den Kaufpreis, bekommt von dem Vorgang im Hintergrund aber nichts mit.

Der New Yorker Konzern Mastercard, mit der gleichnamigen Kreditkarte und der Debitkarte Maestro nach dem Konkurrenten Visa die Nummer zwei in der EU, hat dieses System nach Erkenntnissen der EU-Kommission fast zwei Jahre lang missbraucht und überhöhte Gebühren verlangt - zulasten von Millionen Karteninhabern.

Das kommt Mastercard jetzt teuer zu stehen. Die Brüsseler Behörde verhängte aufgerundet 571 Millionen Euro Bußgeld gegen das Unternehmen, wegen Verstößen gegen das europäische Wettbewerbsrecht in den Jahren 2013 bis 2015. "Die europäischen Verbraucher benutzen Zahlungskarten jeden Tag, wenn sie Lebensmittel oder Kleidung kaufen oder etwas im Internet bestellen", ließ sich die zuständige Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Dienstag in einer Mitteilung zitieren. Die Regelungen von Mastercard hätten Händler daran gehindert, bessere Konditionen von Banken in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch zu nehmen. "So wurden die Kosten für Kartenzahlungen künstlich in die Höhe getrieben", sagte Vestager.

Überhöhte Gebühren für bargeldlose Zahlungen sind europaweit Vergangenheit

Die Gebühren für Käufe mit Geldkarten in Geschäften oder im Netz unterschieden sich bis Ende 2015 je nach EU-Mitgliedsstaat erheblich. Dafür war Mastercard maßgeblich verantwortlich, indem es die Händlerbanken dazu zwang, die Entgelte des Landes zu berechnen, in denen ein Händler seinen Sitz hatte. Supermärkte und Onlineshops konnten dadurch nicht von niedrigeren Gebühren in anderen EU-Staaten profitieren. Die Beamten der Kommission sahen darin einen klaren Verstoß gegen europäische Kartellregeln: Mastercard habe den Binnenmarkt künstlich segmentiert und den grenzüberschreitenden Wettbewerb eingeschränkt, erklärte die Behörde. Weil Mastercard kooperiert habe, erhielt der Konzern einen Rabatt von zehn Prozent auf das eigentliche Bußgeld.

Im Dezember 2015 hatte die Kommission die sogenannten Interbankenentgelte im Europäischen Wirtschaftsraum per Verordnung angeglichen. Zahlt ein Kunde mit Kredit- oder Debitkarte, darf dessen Bank seither maximal 0,3 respektive 0,2 Prozent des Kaufpreises für eine Transaktion verlangen. In Deutschland galten die Gebühren zuvor als vergleichsweise hoch. Viele Einzelhändler und Tankstellen hierzulande hatten deshalb keine Kreditkarten akzeptiert. Eine Visa-Transaktion kostete noch vor dreieinhalb Jahren 1,58 Prozent, eine Bezahlung mit Mastercard sogar 1,73 Prozent des Kaufpreises, wobei einige Branchen damals bereits etwas niedrigere Gebühren erkämpft hatten. Für Banken und Sparkassen waren das leicht verdiente Erträge: Etwa 600 Millionen Euro im Jahr nahmen sie einst nur über Interbankenentgelte ein - Geld, das nunmehr Einzelhändlern und Verbrauchern zugutekommt.

Mastercard teilte mit, wegen des Bußgelds nichts an seinen Geschäftspraktiken ändern zu müssen. Die kritisierte Praxis sei weniger als zwei Jahre lang angewandt worden, man könne diese "Altlast" zu den Akten legen. Dennoch droht dem Konzern jetzt weiterer juristischer Ärger: Die EU-Kommission verwies darauf, dass Einzelpersonen und Firmen, die von dem wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen waren, in den jeweiligen Staaten auf Schadenersatz klagen könnten. Die Entscheidung der Brüsseler Behörde beweise dabei bindend, dass ein Rechtsbruch stattgefunden habe, und die nun verhängte Geldbuße werde im Zweifelsfall nicht mindernd angerechnet.

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