Krankenkassen:Überschuss gibt's reichlich, aber keine Beitragssenkung

Die Gesundheitsreform wirkt: Schließlich können die Krankenkassen ein Plus von 2,6 Milliarden verzeichnen. Doch von niedrigeren Sätzen wollen sie nichts wissen — auch Beitragsstabilität sei schließlich ein Erfolg.

Von Andreas Hoffmann

Die Krankenkassen wollen im kommenden Jahr ihre Beiträge kaum senken.

Krankenkassen: "Ulla Schmidt kann hoch zufrieden sein", so die Kranken-kassen. Die Ministerin pocht aber weiterhin auf Beitragssenkung.

"Ulla Schmidt kann hoch zufrieden sein", so die Kranken-kassen. Die Ministerin pocht aber weiterhin auf Beitragssenkung.

(Foto: Foto: AP)

Sozialministerin Ulla Schmidt fordert dagegen weiter einen Nachlass. Der Überschuss der Kassen stieg in den ersten neun Monaten auf 2,64 Milliarden Euro.

Herbert Rebscher spricht aus, was viele seiner Kollegen denken. "Im gesamten Kassensystem herrscht keine Luft für eine größere Beitragssenkung", sagte das Vorstandsmitglied der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) der Süddeutschen Zeitung.

So habe die Gesundheitsreform durchaus gewirkt und die Ausgaben gesenkt, wie die jüngsten Finanzdaten zeigen.

Nun aber müssten die Kassen zunächst ihre Schulden abbauen, die Ende vergangenen Jahres bei 8,3 Milliarden Euro gelegen hatten. "Da bleibt nicht viel Spielraum", sagte er.

Ähnlich argumentiert sein Kollege Norbert Klusen, Vorstandschef bei der Techniker Krankenkasse (TK). "Es sind allenfalls moderate Senkungen möglich", sagte er, weil die Kassen ihre Finanzlage verbessern müssten.

Arzneien werden womöglich teurer

Beide wollen ihre Beiträge von 14,7 und 13,7 Prozent vorerst stabil halten. Vertreter von Betriebs- und Innungskrankenkassen (IKK) äußerten sich ähnlich. Sollte es Spielräume geben, würden diese weitergegeben, sagte IKK-Chef Rolf Stuppardt.

Der Chef des AOK-Bundesverbandes Hans-Jürgen Ahrens sagte: "Auch Beitragssatzstabilität ist ein wichtiger Erfolg."

Die Skepsis der Kassenchefs hat Gründe. So könnten die Ausgaben für Arzneien im nächsten Jahr kräftig zulegen. Beispielsweise zahlt die Pharmaindustrie an die Kassen 2005 einen niedrigeren Rabatt auf Arzneien an die Kassen.

Außerdem läuft ein zweijähriges Stillhalteabkommen der Hersteller bei den Preisen aus, weshalb sich einzelne Präparate verteuern könnten. Schließlich dürften die neuen Preisregeln für patentgeschützte Arzneien nicht so viel einsparen wie erwartet.

"Wir gehen bei den Arzneien von einer Ausgabensteigerung von 12 bis 15 Prozent aus", sagte Stuppardt. DAK-Vorständler Rebscher meinte gar: "Wir wissen einfach nicht, wie sich der Sektor entwickeln wird."

Überschuss gibt's reichlich, aber keine Beitragssenkung

Die Bürger leisten viel mehr selbst

Er befürchtet daneben noch steigende Kosten bei den Kliniken, weil die Einführung des neuen Abrechnungssystems, die Fallpauschale, abgemildert wurde. Dies sieht auch Klusen so: "Da wurden Schutzschilde um einzelne Kliniken errichtet."

Dennoch lobten die Kassenchefs die Reform der Ministerin, da der Ausgabentrend gebrochen sei. "Ulla Schmidt kann hoch zufrieden sein", sagte Klusen und verwies auf die jüngste Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Danach steigerten die Kassen ihren Überschuss in den ersten neun Monaten auf 2,64 Milliarden Euro. Im Jahr zuvor mussten AOK, Barmer und Co. noch ein Defizit von 2,6 Milliarden verkraften. Die Leistungsausgaben gingen im Schnitt um 3,2 Prozent zurück, weil die Bürger mehr zuzahlen müssen, etwa bei Arzneien oder beim Arztbesuch über die Praxisgebühr.

Ulla Schmidt bleibt unnachgiebig

Besonders stark sanken die Ausgaben für Medikamente (-10,5 Prozent) Hilfsmittel, wie Rollstühle oder Krücken (-13,7 Prozent), Krankengeld (-9,3 Prozent) oder ärztliche Behandlung (-5 Prozent). Gestiegen sind dagegen die Ausgaben für Früherkennung und Prävention. Die Verwaltungskosten der Kassen sanken um 0,6 Prozent.

Dagegen nahmen die Einnahmen um 1,3 Prozent zu, wozu vor allem die Betriebsrentner beigetragen haben. Sie müssen seit Anfang des Jahres für ihre Firmenpensionen den vollen Kassenbeitrag zahlen und lieferten in den ersten neun Monaten 1,5 Milliarden Euro ab.

Angesichts des Milliardenüberschusses forderte Ulla Schmidt deshalb die Kassen erneut auf, die Sätze zu reduzieren. "Weitere Beitragssenkungen sind notwendig und möglich", sagte sie und verwies auf die noch ausstehenden Monate bis Ende des Jahres. So könnte der Zuwachs noch größer ausfallen, weil die Firmen, trotz Kürzungen, noch Weihnachtsgeld zahlten.

Dadurch würden die Kassen auch mehr Geld einnehmen. Außerdem sei "die Entschuldung schneller erfolgt als vorgesehen". Ohne die Gesundheitsreform wäre der durchschnittliche Kassensatz nicht um 0,1 Prozentpunkte auf 14,2 gesunken, sondern auf 15 Prozent gestiegen, sagte sie.

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