Süddeutsche Zeitung

Arbeitsunfähigkeit:Krankengeld: Diese Rechte haben Versicherte

Wer lange ausfällt, hat ein Anrecht auf Krankengeld. Doch es sind Regeln zu beachten.

Von Benjamin Emonts

Beim Thema Krankengeld gibt es immer wieder Ärger - auch am Bundessozialgericht in Kassel. Ein krankgeschriebener Gerüstbauer, der wegen chronischer Rückenschmerzen Krankengeld bezogen hatte, klagte dort im Jahr 2019 gegen seine gesetzliche Krankenversicherung, weil die ihm eine Urlaubsreise nach Dänemark nicht genehmigen wollte. Das Bundessozialgericht gab dem Gerüstbauer recht. Die Kasse musste sein Krankengeld fortzahlen.

Diese Episode ist nur ein prominentes Beispiel der Streitigkeiten rund ums Krankengeld - es gibt auch Ärger um zu spät eingereichte Atteste, Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und ungebetene Kontrollanrufe durch Mitarbeiter der Kassen. Verbraucherzentralen werden deshalb nicht müde, Versicherte über ihre Rechte aufzuklären. Es geht schließlich um Bares.

Also von vorne: Arbeitnehmer bekommen innerhalb der ersten sechs Krankheitswochen den vollen Lohn vom Arbeitgeber, sofern sie eine ärztliche "Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" vorlegen können, besser bekannt als "Attest" oder "gelber Schein". Danach müssen bei gesetzlich Versicherten die Krankenkassen mit dem Krankengeld übernehmen. Ein spezieller Antrag ist dafür nicht erforderlich, es genügt, innerhalb einer Woche ein ärztliches Attest bei der Kasse einzureichen. Anspruch auf Krankengeld haben Arbeitnehmer, Auszubildende und Bezieher von Arbeitslosengeld I. Nicht berechtigt sind Praktikanten, Studenten und Eltern in Elternzeit.

Krankengeld zu bekommen, ist mit Pflichten verbunden

Die Höhe des Krankengeldes ist gesetzlich festgelegt. Es beträgt 70 Prozent des Bruttoeinkommens, jedoch höchstens 90 Prozent des Nettogehalts. Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld werden berücksichtigt. Der Höchstbetrag pro krankgeschriebenem Kalendertag ist aktuell auf 112,88 Euro gedeckelt. Abgezogen werden später noch Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Die Dauer der Unterstützung ist begrenzt: Gesetzliche Krankenkassen zahlen innerhalb von drei Jahren maximal 78 Wochen Krankengeld. Ist man nach Ablauf dieser Frist immer noch arbeitsunfähig, kann man eine Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung beantragen.

Wer Krankengeld bekommt, hat aber nicht nur Rechte, sondern auch Mitwirkungspflichten. Die eigene Arbeitsunfähigkeit muss man der Kasse lückenlos nachweisen. Wenn kein gültiges Attest mehr vorliegt, müssen Versicherungen nicht mehr zahlen. Auch beim Urlauben, das weiß der Gerüstbauer, gibt es Regeln. Reisen müssen bei der Krankenkasse vorher beantragt werden. Versicherte erhalten nur dann weiter Krankengeld, wenn sie innerhalb der Europäischen Union bleiben. Außerdem soll sich die Reise nicht nachteilig auf den Genesungsprozess auswirken: Notwendige Untersuchungen und Behandlungen dürfen nicht ausfallen.

Wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten bestehen oder Reha-Maßnahmen beantragt werden, sind Kassen in manchen Fällen verpflichtet, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zu beauftragen, um dies zu überprüfen. Ein Verdacht kann etwa vorliegen, wenn Arbeitnehmer sehr häufig für kurze Dauer ausfallen oder ein Arzt sie krankschreibt, der dies auffällig oft bei seinen Patienten macht. Dem Medizinischen Dienst müssen Versicherte verpflichtend Auskünfte über ihre Krankheit und Behandlung geben. Die Gutachter dürfen von behandelnden Ärzten auch Berichte einholen und Gespräche mit ihnen führen. Bei Bedarf können Versicherte einberufen und untersucht werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5335539
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.