Ketchup:So will Edeka Heinz-Ketchup verdrängen

Ketchup: Eine Anzeige aus friedlicheren Ketchup-Zeiten.

Eine Anzeige aus friedlicheren Ketchup-Zeiten.

(Foto: oh)
  • Edeka will seine eigene Ketchup-Marke gegen den Ketchup von Heinz antreten lassen.
  • Der Streit zwischen Heinz und Edeka schwelt schon seit Wochen. Jetzt will Edeka die Preissteigerung von Heinz nicht mitmachen.
  • Heinz muss den Preis anheben. Der US-Konzern hat sich zu spät auf neue Trends in der Ernährung eingestellt.

Von Michael Kläsgen

In einer Anzeige von Freitag ist eine große, kraftstrotzende Tomate zu sehen, die triumphierend die rechte Faust in die Höhe reckt. Darüber steht: "Wenn Heinz zu frech wird, kommt der Papa." Der Papa ist in dem Fall die kämpferisch grinsende Tomate in der Bildmitte, auf deren Schürze "Papa Joe's Tomaten Ketchup" geschrieben steht. Papa Joe's, so heißt der neue im Auftrag von Edeka produzierte Ketchup. Er soll die bisherige Ketchup-Großmacht, Heinz Tomaten-Ketchup, aus den Regalen von Edeka verdrängen.

Das ist eine steile Ansage. Die rote Soße des US-Konzerns The Kraft Heinz Company hat in Deutschland derzeit noch einen Marktanteil von fast 50 Prozent. Sie ist bis dato nicht nur bei Edeka das beliebteste Ketchup, sondern beherrscht auch die Regale von Handelskonkurrenten wie Rewe oder Real. Heinz sorgt für viel Umsatz, auch bei Edeka. Ist es sinnvoll, den weithin unbekannten Papa Joe's in gut 7000 Edeka-Märkten gegen Heinz antreten zu lassen. Kann das gut gehen?

Viele Fachleute halten sich bei dieser Frage zurück, zu verzwickt ist der Zweikampf, zu mächtig sind die Kontrahenten. Registriert haben sie die große Anzeige in der Lebensmittelzeitung, der Fachpublikation der Branche, aber alle. Sie ist die vorerst letzte, aus Sicht mancher Beobachter durchaus witzige Eskalationsstufe in einem seit Wochen schwelenden Streit zwischen Edeka, dem größten Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland, und Kraft Heinz, dem fünftgrößten Nahrungsmittelkonzern der Welt.

Der Zwist erinnert zunächst an den Streit zwischen Edeka und Nestlé vor etwa einem Jahr, und doch gibt es einen großen Unterschied. Diesmal boykottiert nicht Edeka die Produkte eines Weltkonzerns, sondern ein Weltkonzern stoppte die Belieferung des Händlers. Der Grund: Edeka wollte die von Heinz eingeforderten Preissteigerungen nicht mitmachen und diese einfach an die Kunden weitergeben. Stattdessen drehte der Einzelhändler den Spieß um und lancierte seine eigene Ketchup-Marke.

"Wir sind an einer partnerschaftlichen Lösung interessiert"

Bis die in den Supermärkten angekommen ist, braucht es allerdings etwas Zeit. Die Rezeptur will ebenso wie ein Hersteller gefunden sein. Ein Sprecher sagt: "Die Artikel werden Anfang April an unsere Großhandelsbetriebe ausgeliefert. Ich denke, dass man dann ab dem 15. April die ersten Produkte in den Märkten finden kann." Von einem Einlenken Edekas sieht es derzeit also gar nicht aus. Zwar laufen die Verhandlungen schon seit ein paar Tagen. Doch gibt es bislang nicht einmal die kleinsten Fortschritte zu verkünden. Dabei schwenkt Kraft Heinz mittlerweile eifrig die Friedensfahne. "Wir sind sehr an einer partnerschaftlichen Lösung interessiert", sagt Michael Lessmann, Commercial Director für Deutschland.

Hintergrund des Konflikts ist der Einstieg zweier Finanzinvestoren bei Heinz und später bei Kraft. US-Investor Warren Buffett und die brasilianische Investmentgesellschaft 3G Capital hatten zunächst 2013 den Soßen-Hersteller für etwa 23 Milliarden Dollar übernommen, um dann zwei Jahre später Kraft Foods, damals mit einem Börsenwert von 36 Milliarden Dollar, zu schlucken. Edekaner, und nicht nur sie, meinen nun, die Finanzinvestoren wollten den Kauf über die regelmäßigen Preissteigerungen unter anderem für Heinz-Ketchup refinanzieren.

Heinz hat Trends verschlafen

Tatsächlich laufen die Geschäfte für die fusionierte Kraft Heinz Company alles andere als rund. Auch deshalb, weil der Konzern viel zu spät auf neue Ernährungsgewohnheiten wie den Bio- oder Vegan-Trend reagierte, sanken erst die Umsätze, und schließlich brach auch der Aktienkurs ein. "Wir haben für Kraft zu viel bezahlt", konstatierte Buffett im Februar kurz und knapp, nachdem der Kurs des Nahrungsmittelkonzerns an einem Tag um fast 30 Prozent eingebrochen war. Edeka scheint allerdings nicht einsehen zu wollen, warum seine selbständigen Kaufleute oder Kunden für den Fehlgriff Buffetts zahlen sollten.

Konkurrent Rewe hat sich beim Ketchup ebenfalls etwas Neues ausgedacht. Der Kölner Konzern verkauft nun exklusiv zwei von der Nestlé-Tochter Thomy gemixte Ketchup-Sorten. Neu daran sind allerdings nicht die Rezepturen, sondern nur die Verpackungsgrößen und das Etikett. Rewe ist laut einem Sprecher weiter ein "verlässlicher Partner der Markenindustrie". Auch wenn sich die Verlässlichkeit in dem Fall auf den Rivalen Nestlé bezieht, sieht Heinz-Manager Lessmann den Rewe-Vorstoß gelassen. Rewe bleibt den Markenherstellern treu. Da ist nichts zu befürchten. Nur, ob das die Innovationen sind, die manche Kunden gern hätten? Etiketten?

Bei Edeka lichten sich hingegen beim Ketchup die Regale. Manche Kunden fragen schon nach, was denn mit ihrer Lieblingsmarke Heinz sei. Noch können die Edekaner die Fragen gut parieren. Sie füllen die Lücken mit Ketchup anderer Lieferanten wie Hela, Knorr oder Kühne. Aber die Unruhe wächst auch unter den Kaufleuten. Die ganzseitige Anzeige richtet sich deshalb gezielt an die selbständigen Händler und die Filialleiter. Haltet noch ein wenig durch, so die Botschaft. Papa Joe's kommt. Wenn er da ist, wird sich zeigen, wer die größere Marktmacht hat, der eine oder der andere Riese? Am Ende wird wohl Ketchup von beiden in den Regalen stehen.

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