Korruptionsvorwürfe aus USA:Daimler: Trauma Amerika

Lesezeit: 2 min

Die Ehe mit Chrysler ist gescheitert - und nun schallen auch noch böse Korruptionsvorwürfe über den Atlantik: Amerika wird für Daimler zu einem Land der begrenzten Möglichkeiten.

Franz Baden

In den USA verkauft Daimler zwar recht viele Autos - aber das Gebiet zwischen Los Angeles und Washington wird zu einem Land der begrenzten Möglichkeiten. Abgewickelt ist die verunglückte Ehe mit dem Hersteller Chrysler in Detroit, doch jetzt geht die US-Justiz gegen die Deutschen vor. Der Vorwurf: Korruption.

Das alles ist nicht sehr schön für Vorstandschef Dieter Zetsche, der so langsam unter dem Trauma Amerika leiden dürfte. Das US-Justizministerium bezichtigt die Autobauer aus Stuttgart, in mindestens 22 Ländern zwischen 1998 und 2008 mit viel Geld geeignete Personen bestochen zu haben, um an Regierungsaufträge zu gelangen. Angeblich will sich Zetsche mit einer Zahlung von 185 Millionen Dollar freikaufen.

Eine Klageschrift - United States of America v. Daimler AG - listet harte Vorwürfe auf:

- Mit vielen Mitteln hätte Daimler Regierungsvertreter bestochen. In der Bilanz sei von Drittparteien-Konten ("TPA") die Rede gewesen, es habe beispielsweise "Cash desks" oder Konten in Offshore-Gebieten gegeben.

- Innerhalb von Daimler habe man von "Kommissionen", "besonderen Rabatten" oder "nützlichen Aufwendungen" gesprochen, was eingeweihte Angestellte als "offizielle Bestechung" interpretiert hätten.

- In der fraglichen Dekade habe es Hunderte unsauberer Zahlungen gegeben, in Ländern wie China, Kroatien, Ägypten, Griechenland, Ungarn, Russland, Thailand, Türkei oder Vietnam. Manchmal sei das Geld über amerikanische Bankkonten oder Tochterfirmen geflossen.

- Das System sei begünstigt worden durch eine völlig unzulängliche Korruptionsverfolgung im Konzern, durch das hoch dezentralisierte Verkaufssystem mit Myriaden von Verkäuferfirmen, "einer Unternehmenskultur, die Bestechung tolerierte oder begünstigte" und die Beteiligung einiger hochrangiger Manager.

Als Daimler im Jahr 1998 mit Chrysler fusionierte, habe es mehr als 200 "interne Fremdkonten" gegeben, die für die dunklen Geschäfte genutzt wurden, so das Dokument. Die Revision beschäftigte sich damit nicht. Auch habe es Konten gegeben, die völlig außerhalb der Bücher lagen.

Im Jahr 1999 diskutierte der Vorstand von Daimler die Einführung eines Kodex mit Anti-Korruptions-Normen, um neuen deutschen Gesetzen Genüge zu tun. Dabei hätten einige geäußert, dass Daimler dann Geschäftsmöglichkeiten in bestimmten Ländern verlöre. Tatsächlich wurde das Werk verabschiedet - Daimler habe aber versäumt, auf die Einhaltung genügend zu achten, die eigenen Angestellten entsprechend zu schulen und mit den Behörden zusammenzuarbeiten.

Ominöse Kickback-Zahlungen

Auch nachdem Daimler im Jahr 2002 dubiose "Cash desks" geschlossen habe, hätten einige Angestellte weiterhin unsaubere Zahlungen über ausgelagerte Konten vorgenommen. 2004 sei die Zahl der "internen Fremdkonten" dann von 200 auf 40 gesenkt worden.

Zwischen 2000 und 2005 habe Daimler allein in China 4,2 Millionen Euro für chinesische Regierungsoffizielle ausgegeben - für Kommissionen, Geschenke und Reisen. Gleichzeitig seien Autos für mehr als 112 Millionen Euro verkauft worden. In Turkmenistan habe der Autohersteller im Februar 2000 einen gepanzerten Mercedes-Benz Typ S-Klasse im Wert von mehr als 300.000 Euro einem hochrangigen Regierungsmitglied geschenkt. Und im Irak, beim "Oil-for-Food"-Programm habe Daimler ominöse Kickback-Zahlungen geleistet und dabei ein gutes Geschäft gemacht.

Punkt für Punkt listet das Dokument angebliche Verfehlungen aus. Dass die angeschlagene amerikanische Autoindustrie angesichts der neuen Probleme der Deutschen erfreut sein dürfte, gehört zu den Begleiterscheinungen dieser Affäre. Und bei Daimler dürfte es der ein oder andere bereuen, dass die eigene Aktie auch an der Wall Street gehandelt wird.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: