Transparency International:Miese Noten für deutsche Rüstungsfirmen

Leopard 2 auf Teststrecke

Ein Leopard 2 von Krauss-Maffei Wegmann: Beim Verkauf der Panzer soll Schmiergeld geflossen sein.

(Foto: Matthias Schrader/dpa)
  • Transparency International stellt in einer Studie zur Korruptionsbekämpfung in der Rüstungsbranche schwere Versäumnisse fest.
  • Die teils verheerenden Zustände auch in Unternehmen aus westlichen Demokratien sind sogar für die Experten "überraschend und enttäuschend".
  • Aus der Bundesrepublik werden in dem Report sechs Hersteller analysiert - mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

Von Björn Finke, London

Es geht um große Summen. Und um die nationale Sicherheit. Staatsanwälte in Deutschland verdächtigen hiesige Rüstungskonzerne, bei Exporten ins Ausland mit Schmiergeld nachgeholfen zu haben. Etwa Krauss-Maffei Wegmann (KMW) beim Verkauf der Panzerhaubitze PzH 2000 nach Griechenland - was die Firma freilich bestreitet. Oder die Rüstungssparte von Airbus bei Geschäften in Österreich, Rumänien und Saudi-Arabien. Oder Rheinmetall, um für Leopard-2-Panzer, die KMW nach Griechenland lieferte, das Feuerleitsystem beisteuern zu dürfen.

Die Experten von Transparency International (TI) wundert diese Häufung nicht. Die britische Landesgruppe der Organisation, die sich weltweit gegen Bestechung einsetzt, veröffentlichte in der Nacht zum Montag eine Studie über Korruptionsbekämpfung in der Rüstungsbranche. Die Fachleute untersuchten, ob und wie stark 163 Konzerne aus 47 Ländern intern gegen das Übel vorgehen. Das Ergebnis ist erschütternd: Bei zwei Drittel der Unternehmen konnte das Team keine oder nur geringe Bemühungen feststellen, Mitarbeiter zu sauberen Geschäften anzuhalten.

Auch deutsche Produzenten schneiden schlecht ab - zur Überraschung der Forscher

Leah Wawro von Transparency International in London sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei "überraschend und enttäuschend", dass auch viele Anbieter aus Ländern wie den USA, Frankreich und Deutschland schlechte Noten bekamen: also aus westlichen Demokratien, die zugleich wichtige Waffenexporteure sind.

Aus der Bundesrepublik werden sechs Hersteller in dem Report analysiert - und Krauss-Maffei Wegmann sowie der Raketen- und Munitionsfabrikant Diehl landen in der unteren Hälfte der Notenskala: Es gebe wenig Hinweise auf funktionierende Programme, heißt es. Vor allem den Bereich Risikokontrolle vernachlässigten die zwei Firmen; sie prüften nicht systematisch, ob bei bestimmten Geschäften, Abnehmerländern oder Handelspartnern besondere Vorsicht angebracht ist.

Airbus und Thyssen-Krupp erhalten dagegen die Bestnote, der Triebwerkshersteller MTU Aero Engines und Rheinmetall immerhin die zweitbeste. Ganz unten in der Rangliste finden sich Unternehmen aus Russland und China - bedeutende Waffenexporteure - sowie aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, also ausgerechnet aus Ländern, die viele Rüstungsgüter einkaufen.

TI-Fachfrau Wawro sagt, die Branche sei besonders anfällig für Bestechung: Bei den Verträgen gehe es oft um Riesensummen; die Hersteller würden enge Beziehungen zu den Regierungen pflegen, ihren Abnehmern; und da die nationale Sicherheit betroffen sei, fänden viele Geschäfte im Geheimen statt. "Umso wichtiger ist es, dass die Unternehmen Korruptionsbekämpfung ernst nehmen", sagt sie. Immerhin hat sich einiges getan im Vergleich zur Vorgängerstudie von 2012, der ersten Untersuchung dieser Art. Ein Drittel der Konzerne hat sich in den drei Jahren um mindestens eine Note verbessert.

Für den Report prüfen die Autoren etwa, ob die Firmen klare Regeln aufstellen, wie die Führung diese Kultur vorlebt, ob ein Vorstand für das Thema zuständig ist, ob Informanten Schutz genießen, welche Trainingsprogramme existieren oder wie Handelsvertreter im Ausland ausgewählt werden. Die Fachleute nutzen dafür öffentliche Informationen der Unternehmen. Eine erste Version ihrer Einschätzung schicken sie an die Konzerne. Die können mit internen Dokumenten versuchen, nachzuweisen, dass sie das Problem ernster nehmen, als es vielleicht den Anschein hat.

Die britische Landesgruppe von Transparency International widmet der Rüstungsbranche aber noch eine zweite Studie. In der geht die Organisation der Frage nach, wie gut die Abnehmer, die Regierungen, Korruption bei Waffengeschäften vorbeugen. Vor zwei Jahren wurde die erste Analyse veröffentlicht, im September soll der Nachfolge-Report kommen. Der erste Bericht bescheinigt zwei Drittel der 82 untersuchten Länder, dass dort mangels ausreichender Vorkehrungen ein hohes bis sehr hohes Korruptionsrisiko herrsche. Am besten werden Australien und Deutschland benotet. Die Bundesregierung macht also viel gegen Korruption bei den eigenen Waffenkäufen - deswegen, sagt Fachfrau Wawro, hätte sie erwartet, dass auch die deutschen Rüstungshersteller allesamt gut abschneiden würden.

Dem war dann nicht so.

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