Korruption am Bau:A bisserl was geht immer

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Je mehr es in der Branche kriselt, desto mehr Schmiergelder fließen. Das gilt nicht nur für öffentliche Aufträge, sondern auch private Baugeschäfte werden oft nicht sauber abgewickelt.

Von Lars Klaaßen

Von Kleinkram brauchen wir gar nicht zu sprechen, wo es an prominenten Fällen nicht mangelt: Korruption am Bau boomt. Die Ermittlungen in der Frankfurter Banken- und Immobilienbranche beispielsweise beanspruchen die dortige Staatsanwaltschaft schon so stark, dass die Pressestelle sich zwischenzeitlich nicht einmal in der Lage sah, Interviews zu genehmigen.

Aber wozu in die Ferne schweifen - wo München doch mit seinem neuen Stadion einen nicht minder spektakulären Fall zu bieten hat? 2,8 Millionen Euro Schmiergeld stehen im Raum, die Karl-Heinz Wildmoser junior, einst Geschäftsführer des TSV 1860 und der Münchner Stadion GmbH, vom Baukonzern Alpine kassiert haben soll.

Die Baukosten des neuen Stadions für den FC Bayern und den TSV 1860 sollen knapp 286 Millionen Euro ausmachen.

"Vor allem die hohe Summe solcher Bauaufträge befördert Korruption am Bau", erläutert Manfred Nötzel, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatanwaltschaft München I.

Fünf Jahre lang hat er die für Korruption zuständige Abteilung geleitet. Sie ist derzeit die deutschlandweit größte ihrer Art. Die Anfänge 1994 waren zunächst bescheiden. Die Abteilung ging aus einer Arbeitsgruppe hervor, die sich mit Korruption am Münchner Klärwerksbau befasste. "Bei den Nachforschungen zu diesem Fall traten weitere Delikte zutage", berichtet Nötzel.

Dem "Elektrokartell" folgte das "Kanalkartell". Es ging in diesen Fällen um Aufträge der öffentlichen Hand. "Die harten Methoden - und dazu gehört auch die Korruption - basiert in diesem Bereich auf zwei Umständen: Es geht um viel Geld, das durch eine überschaubare Zahl von Entscheidungsträgern vergeben wird." Strukturen, die zur Korruption verführen.

Aber auch die kriminelle Energie der Entscheidungsträger überrascht. Beispiel "Küchenkartell": In diesem Fall deckte die Staatsanwaltschaft erstmals Korruption auf, die von Amtsträgern ausging. Da wurden Scheinfirmen gegründet um Aufträge für den Einbau von Küchen in Kitas und Altenheime zu frisieren. "Die Stadt München wurde dadurch um rund fünf Millionen Euro geschädigt", schätzt Nötzel. Die Täter wurden 2002 zu Haftstrafen verurteilt.

Vor allem sorgt Korruption bei öffentlichen Bauaufträgen immer wieder für Schlagzeilen. Doch das bedeutet nicht, dass private Baugeschäfte sauberer abgewickelt werden. Aber an solche Fälle komme man schwerer heran, so Nötzel. "Selten gibt es dort von irgendeiner Seite Interesse, das publik zu machen."

Doch selbst wenn es im privatwirtschaftlichen Bereich oft weder Kläger noch Richter gibt, Geschädigte gibt es in allen Fällen. "Das sind in erster Linie die Arbeitnehmer in der langen Kette von Subunternehmen, die es in der Bauwirtschaft gibt", sagt Michael Knoche, Sprecher der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU).

Das Prinzip ist ganz einfach: Wenn Unternehmen zum einen die Preise bei ihren Angeboten drücken, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen und zugleich - aus dem gleichen Grund - Schmiergeld an den Auftraggeber zahlen, muss dieses Geld irgendwo wieder hereingeholt werden. Das, so Knoche, geschehe in erster Linie über Lohndumping.

Und wenn es sich in solchen Fällen um öffentliche Auftraggeber handele, seien diese Arbeitnehmer gleich doppelt getroffen: "Denn ihre Steuergelder sind von solcher Korruption auch betroffen." Etwa durch schwarz gezahlte "Provisionen", durch die dem Staat Mehrwertsteuer entgeht.

Die IG BAU befasst sich im Bereich Bau vor allem mit dem Problem der illegalen Beschäftigung. Doch genau bei diesem Thema stößt die Gewerkschaft auch auf den Bereich der Korruption. "Das hängt zusammen", sagt Knoche. "In beiden Fällen geht es um Kostenreduzierung - und zwar um jeden Preis."

Für Elmar Esser, Leiter der Hauptabteilung Recht im Zentralverband Deutsches Baugewerbe, hat Korruption zwei Seiten: "Wenn einer die Hand aufhält, muss ein anderer bereit sein, etwas zu geben." Und dass dieses Geschäftsgebahren auch in der Baubranche zunimmt, hängt für Esser auch mit der schlechten Konjunktur zusammen.

Wieder das neue Münchner Fußballstadion: Die Summe der so genannten Vergütungen betrage gerade mal etwa ein Prozent der Bausumme. "Das lohnt sich für beide Seiten, vor allem für Unternehmer, die froh sind, solch einen Auftrag an Land zu ziehen." Aber das ursächliche Problem sieht Esser woanders: "Wo bestimmte Standards bei der Beauftragung nicht eingehalten werden, blüht die Korruption."

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