Konzertveranstalter Deag:Oper und Musikantenstadl

Der Konzertveranstalter Deag hat Erfolg mit Klassik. David Garrett und Anna Netrebko sind große Namen des Unternehmens. Jetzt sollen die Kassen auch mit Schlagermusik gefüllt werden.

Björn Finke

Anna Netrebko und David Garrett haben Verstärkung bekommen: durch Hansi Hinterseer. Die Opernsängerin und der Geiger sind schon länger Umsatzbringer der Deutschen Entertainment AG (Deag), einem der größten Konzertveranstalter des Landes. Doch seit Oktober gehört der ewig blonde Volksmusikstar Hinterseer ebenfalls zum Reich der börsennotierten Firma.

Der Geiger David Garrett gehört zu den umsatzstärksten Künstlern der Deutschen Entertainment AG (Deag), einem der größten Konzertveranstalter des Landes.

Der Geiger David Garrett gehört zu den umsatzstärksten Künstlern der Deutschen Entertainment AG (Deag), einem der größten Konzertveranstalter des Landes.

(Foto: dapd)

Zusammen mit dem Partner Sony übernahmen die Berliner die Mehrheit an der Manfred Hertlein Veranstaltungs GmbH. Die ist einer der führenden Anbieter im Bereich Volksmusik und Schlager und organisiert Hinterseers Tourneen. "Wir wollen unseren Erfolg bei der Klassik in der neuen Sparte wiederholen", sagte Deag-Finanzvorstand Christian Diekmann der Süddeutschen Zeitung.

Konzerttourneen werden für Künstler immer wichtiger: Die Erlöse aus CD-Verkäufen schrumpfen, da Fans Lieder illegal aus dem Internet herunterladen. Der Umsatz mit Auftritten übersteigt hierzulande schon seit mehr als zehn Jahren den der Tonträger. Gute Zeiten also für Veranstalter wie Deag. Doch ging die Wirtschaftskrise auch am Live-Geschäft nicht vorbei.

Nach Angaben des Bundesverbands der Veranstaltungswirtschaft sank der Umsatz mit Auftritten in Deutschland im vergangenen Jahr um zwölf Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Die Deag steigerte ihren Erlös allerdings um 6,6 Prozent auf 117 Millionen Euro und erwartet für dieses und das kommende Jahr wieder Zuwächse. Der Gewinn betrug im ersten Halbjahr 1,2 Millionen Euro. "Es kommt auf die Auswahl der Künstler an", sagt Diekmann. "Wenn die Fans eine starke emotionale Bindung haben, gönnen sie sich selbst in der Krise dieses kleine Glück." Beispiele seien André Rieu oder Peter Maffay.

Das Unternehmen mit seinen etwa 200 Mitarbeitern hat vor fünf Jahren begonnen, die Sparte Klassik aufzubauen. Inzwischen stammt ein Viertel des Umsatzes aus diesem Genre, internationale Rock- und Popstars wie Kylie Minogue tragen aber immer noch die Hälfte zum Geschäft bei. Die Marge ist bei Klassikkünstlern jedoch viel höher.

Bei den Berlinern bleiben hier von jedem Euro Konzertumsatz mehr als 20 Cent Betriebsgewinn hängen. Im Volksmusikbereich sind es 15 Cent, bei Rock- und Popstars hingegen je nach Land nur zwischen sieben und 14 Cent. Der Konzern ist in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Großbritannien tätig und möchte nun in Spanien, Frankreich und Dänemark einen Fuß in die Tür bekommen.

"Wir bringen Klassik vor großes Publikum"

Den Unterschied bei den Renditen erklärt Diekmann zum einen damit, dass die Gagen und die Produktionskosten bei Tourneen von internationalen Popstars gestiegen sind. Zum anderen gebe es bei Klassikkonzerten mit bekannten Künstlern weniger Konkurrenz. Im Popsegment seien oft mehrere Stars innerhalb weniger Monate im Lande. Ein Freiluftkonzert des geigenden Frauenschwarms David Garrett dagegen stehe für sich, sagt der 37-Jährige: "Wir haben Klassik aus dem subventionierten Sektor herausgeholt und bringen sie ohne Niveauverlust vor großes Publikum."

Außerdem könne man bei Klassikkünstlern besser planen. Mit internationalen Popstars arbeite man für ihre paar Konzerte in Europa zusammen, mit Partnern wie Garrett habe man Vereinbarungen über mehrere Jahre. So gebe es mit ihm oder Netrebko viele gemeinsame Projekte jenseits der Auftritte. Deag lässt etwa für den feschen Geiger Fanartikel herstellen, das Unternehmen produziert auch CDs und DVDs mit ihm. Das alles wird dann auf den Plakaten für die Tourneen nebenher mitbeworben.

Diese Rundum-Betreuung heißt in der Branche 360-Grad-Modell - und das ist schwer in Mode: Veranstalter wie Deag oder der weltweite Marktführer Live Nation veröffentlichen zugleich CDs, um so das meiste aus ihren Künstlern herauszuholen. Damit dringen sie ins Revier der Plattenkonzerne wie Sony und Universal ein. Diese wiederum reagieren auf den Absturz der Musikverkäufe, indem sie selbst Tourneen ausrichten.

Sony hat sich deswegen mit 49 Prozent bei der Klassiktochter von Deag eingekauft. Zudem haben die beiden ein 50/50-Joint-Venture gegründet, um im Schlagerbereich zu wachsen - mit Konzerten und mit CDs. Aus Partnern mit getrennten Tätigkeitsfeldern werden also Konkurrenten, die im Fall von Sony und Deag gleich wieder Partner wurden.

Diekmann sagt, die Zusammenarbeit nutze beiden. Und er habe auch keine Angst, dass Sony aussteigt und einen direkten Wettbewerber zu Deag aufbaut, sobald die Japaner genug gelernt haben über das Tourneegeschäft. "Konzerte sind ein schwieriger Markt", sagt er. Nicht jeder Star, der viele CDs absetzt, fülle ohne weiteres die Hallen. "Wir haben da 30 Jahre Erfahrung." Geiger Garrett zumindest glaubt an die Zukunft der Firma. Er hat an der Börse drei Prozent der Deag-Aktien gekauft.

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