Süddeutsche Zeitung

Gebühren:100 Euro für das Basiskonto

Lesezeit: 3 min

Von Thomas Öchsner, München

Jeder Mensch in Deutschland hat Anspruch auf ein Girokonto - auch diejenigen, die wenig oder so gut wie kein Geld haben. Seit Juni 2016 gibt es dieses Recht, auf das zum Beispiel Flüchtlinge, Hartz-IV-Empfänger oder Obdachlose pochen können. Kein Deutsch zu können, darf für Banken und Sparkassen kein Grund sein, den Antrag auf ein sogenanntes Basiskonto abzulehnen, auch keine schlechte Schufa-Auskunft. Doch wie lassen sich die Kreditinstitute diese Dienstleistung bezahlen?

Das Internet-Vergleichsportal biallo.de hat die Konditionen für Giro- und Basiskonten von mehr als 1300 Geldhäusern ausgewertet. Das Ergebnis: Etwa zwei Drittel der Institute verhält sich zumindest insofern fair, als sie für ein Basiskonto nicht mehr als der Durchschnitt verlangen. Doch eine Minderheit greift nach wie vor über Gebühr zu: Bei 200 Instituten zahlt man laut der Untersuchung sogar 100 Euro und mehr pro Jahr. "Das sind Preise, um potenzielle Kunden abzuschrecken, und geht auf Kosten von Menschen, die finanziell ohnehin nicht auf Rosen gebettet sind", sagt Horst Biallo, Gründer und Chef des gleichnamigen Internet-Portals.

Nach Angaben der Finanzaufsicht Bafin gab es Mitte 2018 knapp 500 000 Basiskonten. Auf solche Konten kann man Geld einzahlen oder natürlich auch welches abheben. Schulden damit anhäufen geht nicht. Die Banken gewähren auf dem Basiskonto normalerweise keinen Dispokredit. Ablehnen können die Geldinstitute den Antrag auf ein solches Zahlungskonto nicht, es sei denn, der Interessent hat woanders bereits ein derartiges Konto oder will das neue Konto zum Beispiel zum Waschen von Schwarzgeld missbrauchen.

Bei den Preisen gibt es große Unterschiede: Der durchschnittliche Monatspreis für Girokonten in Deutschland beläuft sich nach den Berechnungen von biallo.de auf 4,78 Euro oder etwas mehr als 57 Euro im Jahr. Beim Basiskonto sind es monatlich 6,04 Euro oder gut 72 Euro jährlich. Die höheren Kosten begründen Banken in der Regel mit dem größeren Aufwand, der zum Beispiel auch bei der Eröffnung des Kontos fällig sei. "Es geht hier um Menschen, die für die Kreditwirtschaft nicht interessant sind, oder bei denen unterschwellig die Erwartung besteht, mit diesen Kunden könnte es kompliziert werden", sagt Frank Christian Pauli, Finanzexperte in der Verbraucherzentrale Bundesverband. Deshalb legten viele Banken eine Schippe bei den Gebühren drauf.

Laut Gesetz sollen die Kosten "angemessen" sein - ein dehnbarer Begriff

Die Untersuchung von biallo.de zeigt nun: Bei etwa 680 Geldhäusern liegt der Jahrespreis für das Basiskonto nicht höher als der Durchschnittspreis. Elf Banken verlangen sogar nichts für das Konto, weder eine Monatsgebühr, noch Geld für eine Überweisung oder die Girocard (früher EC-Karte). Dazu zählen die Deutsche Kreditbank (DKB), die ING, die PSD Bank München, Moneyou oder die Consorsbank. Immer noch 180 Banken und Sparkassen kassieren allerdings mehr als 100 Euro im Jahr, 18 mehr als 150 Euro, die Volksbank Adelebsen in Niedersachsen sogar mehr als 200 Euro. "Das ist durch nichts zu rechtfertigen", sagt Geld-Experte Biallo.

Aber dürfen Geldhäuser überhaupt so hemmungslos zugreifen?

Laut Zahlungskontengesetz können Banken für das Basiskonto "ein angemessenes Entgelt" verlangen. Der Preis, heißt es, solle "marktüblich" sein. "Eine Höchstgrenze für die Kosten für ein Basiskonto hat der Gesetzgeber nicht festgelegt", bestätigt die Finanzaufsicht. Verbraucherschützer Pauli sieht dies als Schwachstelle in einem sonst für ihn guten Regelwerk. Das Wort "angemessen" sei zu unpräzise. Pauli wünscht sich für die Preisgestaltung genauere gesetzliche Vorschriften.

Das Landgericht Frankfurt untersagte nach einer Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband, dass die Deutsche Bank für das Basiskonto eine monatliche Grundgebühr in Höhe von 8,99 Euro verlangt. Das Gericht hielt diesen Preis für nicht angemessen. Die Richter erklärten, der von dem Geldinstitut vorgebrachte Zusatzaufwand dürfe sich beim Bearbeiten von Basiskonten nicht kostenerhöhend auswirken, weil die Bank mit diesem Angebot eine gesetzliche Pflicht erfülle.

Die Stiftung Warentest hatte bereits Ende 2017 die Basiskonten von gut 100 Geldinstituten untersucht. "Viele Banken sind zu teuer", lautete das Ergebnis. Die meisten Basiskonten seien "teurer als die üblichen Gehalts- und Rentenkonten, insbesondere, wenn sie über die Filiale geführt werden". Auch damals summierte sich der Jahrespreis häufig auf mehr als 100 Euro. Die Warentester stellen deshalb fest: "Den Spielraum in Bezug auf den Preis, den das Gesetz Banken bietet, nutzen viele von ihnen auch aus."

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SZ vom 13.06.2019
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