Kontoauszüge:Warum so viele mit ihren Kontoauszügen hadern

Peter Breiter, CEO of Raiffeisen Gammesfeld eG bank, works with an old adding-machine at the bank in Gammesfeld, Baden-Wuerttemberg

Viele Menschen fürchten die kryptischen Zahlen und Kürzel auf ihrem Kontoauszug. Dabei ist die Kontrolle wichtig.

(Foto: Lisi Niesner/Reuters)
  • Banken sind verspflichtet, ihren Kunden Auszüge für die Konten zu erstellen.
  • Für viele sind sie ein Ärgernis, weil oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich wird, wer auf dem Konto herumbucht.
  • Einige Apps helfen mittlerweile, leichter den Überblick zu wahren.

Von Felicitas Wilke und Hans von der Hagen

Mit kaum einem Schriftstück hadert Luca Toralli so sehr wie mit seinem Kontoauszug. Nicht etwa, weil die Zahlen so schlimm wären. Doch für Toralli ist das, was er auf den Auszügen sieht, ein Ärgernis. Ein wilder Mix von Abkürzungen, kryptischen Namen. "Auf dem Weg nach Hause kaufe ich noch öfters im Edeka-Markt ein", sagt Toralli, der in Wirklichkeit anders heißt. "Aber das Wort Edeka taucht auf meinen Kontoauszügen nicht auf. Stattdessen steht da nur irgendein Name.

Wahrscheinlich ist es der Name des Geschäftsbesitzers, doch warum steht nicht zusätzlich irgendwo noch Edeka dort?" Es ist nicht so, dass Toralli nachlässig in Gelddingen wäre. Der 46-Jährige besitzt sämtliche Kontoauszüge, die er je bekommen hat: die typischen schmalen Zettel, die es früher gab, dann die Auszüge im DIN-A-4-Format und nun die elektronischen, die er als PDF-Dokument erhält. Aber mittlerweile schaut er sie nur noch ein bis zwei Mal im Jahr an. Dann versucht er manchmal, einzelne, ihm seltsam vorkommende Ausgaben nachzuvollziehen. Aber mehr Kontenkontrolle tut sich Toralli nicht mehr an.

Früher hatten Bankkunden derlei Probleme nicht. Vor rund 100 Jahren war es üblich, dass Kunden ein sogenanntes Kontogegenbuch führten, in das sie ihre Verfügungen und Geldeingänge notierten. "Es wurde empfohlen, dass der Kunde mindestens einmal im Monat zur Sparkasse ging, um seine Eintragungen mit den tatsächlich erfolgten Transaktionen abzugleichen", sagt Thorsten Wehber, Leiter des Sparkassenhistorischen Dokumentationszentrums. Später setzte sich der Kontoauszug immer mehr durch. Manche holten ihn in der Filiale ab, andere ließen ihn sich nach Hause schicken oder druckten ihn von 1975 an einfach selbst aus. Damals nahm der erste Kontoauszugsdrucker Europas in Köln seinen Betrieb auf.

Im Jahr 2019 gibt es den Kontoauszug immer noch, auch wenn er bei vielen Menschen nicht mehr im Briefkasten, sondern als PDF im Online-Banking-Postfach landet. Allerdings besteht das Schreiben heute aus spürbar mehr Einträgen als vor 20 Jahren. Das liegt vor allem daran, dass inzwischen deutlich mehr Menschen ihre Einkäufe mit der Karte bezahlen.

Die zehn Euro für die Lebensmittel aus dem Supermarkt finden sich genauso in der Aufstellung wieder wie das neue Kleid für 100 Euro, wenn die Rechnungen mit Bezahlkarten wie der Girocard (ehemals EC-Karte) beglichen wurden. Außerdem kaufen heute viele Menschen zumindest gelegentlich im Internet ein oder buchen dort ein Zugticket, einen Flug oder gleich eine ganze Reise. Anders als die Barzahlung beim Bäcker wird jede dieser Zahlungen im Kontoauszug dokumentiert.

Das kann den Verbrauchern helfen, den Überblick über ihre Finanzen zu wahren und gegebenenfalls auch mal einen Kauf im Geschäft zu dokumentieren, wenn ein Beleg verloren ging. Die schiere Unübersichtlichkeit kann aber auch zu Resignation führen, ähnlich wie bei Toralli. Um keine wichtigen Transaktionen zu übersehen, sollten Bankkunden wissen, was im Kontoauszug überhaupt drinstehen muss. Auch wenn sich das Layout von Bank zu Bank unterscheiden kann, bestimmte Informationen sind darin immer zu finden: etwa der Betrag, das Datum der Transaktion sowie das Datum der Wertstellung, auch Valuta genannt. Das ist der Tag, ab dem ein Betrag gegebenenfalls verzinst wird. Zudem ist die Art der Buchung vermerkt, also zum Beispiel, ob es sich um eine Überweisung oder eine Bargeldauszahlung handelt.

Außerdem finden sich Informationen dazu, wer den Betrag überwiesen oder eingezogen hat. Nicht immer ist dies aber so gut erkennbar wie beim Arbeitgeber, dem Sportverein oder einer Supermarktkette. Wenn spezialisierte Zahlungsdienstleister wie Ratepay, Logpay oder Adyen die Transaktion abwickeln, erscheint oft deren Name im Kontoauszug. Welche Transaktion tatsächlich dahintersteckt, können Bankkunden dann nicht immer auf den ersten Blick erkennen. "Auf dem Kontoauszug muss nur stehen, wer die Zahlung abgewickelt hat, nicht aber, mit wem der Kunde ursprünglich einen Kaufvertrag abgeschlossen hat", sagt Michael Herte, Experte für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.

Verbraucher sollten immer das Kleingedruckte lesen

Um herauszufinden, wer Geld eingezogen hat, helfen der Betrag, das Datum und eine gute Erinnerung. Oder die Quittung: "Auf dem Kassenzettel ist meist vermerkt, wen der Händler mit der Transaktion beauftragt", sagt Herte. Verbraucherschützer empfehlen, den Kontoauszug regelmäßig zu lesen. Auch die Geldinstitute drängen darauf: Mindestens einmal im Monat sollte man einen Blick in die Buchungen werfen, raten der Bankenverband und die Sparkassen. So können Verbraucher nicht nur den Überblick über ihre Ausgaben behalten, sondern auch unrechtmäßige Transaktionen erkennen und unterbinden. Läuft beispielsweise ein Lastschriftverfahren weiter, obwohl der zugrunde liegende Vertrag bereits gekündigt wurde, oder hat das Fitnessstudio zu viel abgebucht, können Verbraucher ihr Geld innerhalb von acht Wochen ohne Angabe von Gründen zurückfordern.

Voreilig sollten sie dabei allerdings nicht handeln. Denn wenn die Abbuchung doch rechtens war, kann die Gegenseite eine Mahnung verschicken und es fallen zusätzlich Gebühren an. Daher sei es sinnvoll, sich bei einer unerklärlichen Abbuchung zunächst an das entsprechende Unternehmen zu wenden, sagt Verbraucherschützer Herte. Den Weg über die Bank empfiehlt er, wenn der Vertragspartner dubios erscheint oder in Zahlungsschwierigkeiten steckt. Ist eine Buchung offensichtlich ungerechtfertigt, weil die Gegenseite gar kein Recht hatte, Geld einzuziehen, haben Bankkunden bis zu 13 Monate Zeit, um den Betrag zurückzufordern. "Besser ist es jedoch, nicht zu lange zu warten", heißt es beim Bankenverband.

Viele Menschen führen für unterschiedliche Zwecke unterschiedliche Konten oder sind Kunden bei mehreren Banken - es gibt in Deutschland mehr Girokonten als Einwohner. Für die Verwaltung der Konten können sogenannte Multibanking-Apps hilfreich sein. In denen können Konten verschiedener Banken integriert und somit alle Zahlungsströme auf einen Blick abgerufen werden. Diese Apps werden von Banken, Start-ups und anderen Dienstleistern angeboten und tragen Namen wie Outbank oder Finanzblick. Die Stiftung Warentest beurteilte im vergangenen Herbst mehrere dieser Apps mit der Note "gut".

Galt früher der Blick auf das eigene Konto als höchst vertraulich und das Bankgeheimnis als heilig, müssen seit einem Jahr Geldinstitute unabhängige Drittanbieter auf die Kontodaten von Verbrauchern zugreifen lassen, sofern die Kunden zustimmen. Heute buhlen unterschiedliche Anbieter darum, die Zahlungsströme der Verbraucher zu durchforsten.

Sie schlagen Alarm, wenn sich beispielsweise beim Mobilfunk- oder Stromvertrag Geld sparen ließe. Was praktisch klingt, findet Verbraucherschützer Herte eher bedenklich: "Die Unternehmen bieten diesen Service ja nicht aus gutem Willen an, sondern um damit Geld zu verdienen", sagt er. Tatsächlich kassiert der Vermittler vom neuen Anbieter eine Provision, wenn Verbraucher zu diesem Anbieter wechseln. Im besten Fall könnten sie zwar Geld sparen, "doch dafür legen sie intime Details offen", gibt Herte zu bedenken. Er empfiehlt Verbrauchern, das Kleingedruckte genau zu lesen und zu prüfen, wie oft die sogenannten Tarifoptimierer aufs Konto schauen dürfen.

Alternativ können Bankkunden sich die Mühe machen und ihre Kontoauszüge selbst nach Altlasten und unerklärlichen Buchungen durchsuchen. Je öfter man reinschaut, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, auf unangenehme Überraschungen zu treffen.

Von denen war Kontoauszugskritiker Toralli noch nicht betroffen. "Ich erlaube mir nur deshalb, so selten auf die Kontoauszüge zu schauen, weil ich mich nicht an eine einzige Fehlbuchung erinnern kann", sagt Torelli. Und überlegt öfters, ob er nicht vielleicht doch zu leichtsinnig ist.

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Beate Sander begann mit 59 Jahren in Aktien zu investieren - und brachte es bis zur Millionärin. Als sie 2018 mit der SZ über ihr Leben sprach, war sie bereits schwer erkrankt. Mit 82 Jahren ist Sander gestorben.

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