Konsequenzen:Kanzleien sollen Steuermodelle melden 

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Die Länderfinanzminister wollen die Urheber der Tricksereien zur Verantwortung ziehen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Steuerberater, Unternehmensberater und Anwälte sollen künftig offenlegen, wenn sie Modelle entwickeln, mit denen ihre Kunden spürbar Steuern sparen können. Die Länderfinanzminister einigten sich am Donnerstag auf ihrer monatlichen Konferenz in Berlin einstimmig darauf, eine entsprechende Anzeigepflicht für Beratungsfirmen und Kanzleien gesetzlich zu verankern. Damit nehmen die Minister erstmals die Urheber der umstrittenen Steuersparmodelle ins Visier.

Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sagte der Süddeutschen Zeitung nach dem Treffen, das Schließen von Steuerschlupflöchern sei "nichts für die Sonntagsrede, sondern für das Handeln am Montag". Sie freue sich, dass die Minister "meinem Vorschlag zugestimmt haben, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die bereits bis Ende März berichten soll, wie eine Anzeigepflicht von Steuergestaltungen verbindlich geregelt werden kann".

Mit dem Beschluss der Länderminister gerät Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) unter Druck. Schäuble hatte nach den umfangreichen Enthüllungen über die von einer Kanzlei in Panama vermittelten und gesteuerten weltweiten Steuervermeidungspraktiken angekündigt, gegen Steuertricks und nicht transparente Firmenkonstrukte vorgehen zu wollen. Im November legte er als Reaktion auf die Panama-Papers-Enthüllungen dann einen Gesetzesvorschlag vor. Darin verschärft Schäuble die Offenlegungspflichten für Steuerpflichtige als Anwender von Steuersparmodellen und von Banken als Vermittlern von entsprechenden Modellen. Die eigentlichen Urheber und Entwickler tastet Schäuble nicht an. Damit könnten diejenigen, die die Steuertricksereien erst möglich machen, dieses Geschäft künftig weiter betreiben. Zudem müssen Steuerpflichtige wie Banken nur dann eine Anzeige bei den Finanzbehörden machen, wenn sie sich an Briefkastenfirmen in Drittländern beteiligen.

In den USA und Großbritannien gibt es ähnliche Regelungen

Die Länderfinanzminister wollen diese Anzeigepflicht deutlich ausweiten. Heinold hat dabei die Initiative ergriffen und rechtzeitig vor dem Treffen in Berlin einen Gesetzentwurf zur "Anzeigepflicht von Steuergestaltung" an ihre Länderkollegen verschickt. Dessen Ziel ist es, die Berater zur Transparenz zu verpflichten, die gezielt in Steuergesetzen nach Lücken suchen und diese nutzen, um Konstrukte und Modelle zu entwickeln, mit denen verschiedenste Kunden in großem Stil Steuern vermeiden können. "Wir dürfen und werden in unseren Anstrengungen nicht locker lassen, Steuervermeidungspraktiken einzudämmen", sagte Heinold. Vergleichbare Regelungen gibt es in Irland, Kanada, den USA und Großbritannien. Zudem haben die G 20 und die OECD entsprechende Empfehlungen ausgesprochen.

Die Anzeigepflicht soll sich ausdrücklich auf alle Steuermodelle beziehen, nicht nur auf Briefkastenfirmen im Ausland. Wenn etwa ein Unternehmen in München ansässig ist, in der Landeshauptstadt aber deutlich höhere Gewerbesteuer zahlen muss als in einer Umlandgemeinde und deshalb dort eine Niederlassung gründet, soll dies transparent gemacht werden. Heinold betonte, von großen Konzernen genutzte Steuerschlupflöcher könnten nur dann wirksam geschlossen werden, wenn der Gesetzgeber frühzeitig über genutzte Steuersparmodelle informiert werde.

Der Gesetzentwurf aus Kiel soll Bund und Ländern als Grundlage dienen, um zügig gesetzliche Regelungen zur Anzeigepflicht von Steuergestaltung auszuarbeiten. Er soll bis Ende März 2017 vorliegen und danach im parlamentarischen Verfahren abgestimmt werden. Ob das Gesetz bis zur Bundestagswahl beschlossen werden kann, ist offen. Für normale Steuerpflichtige soll es eine Bagatellgrenze geben.

© SZ vom 02.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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