Konsequenzen aus der Affäre bei Volkswagen:Hartz gibt auf

Der VW-Personalvorstand übernimmt die "politische Verantwortung für Unregelmäßigkeiten einzelner Mitarbeiter".

Von Hans Leyendecker

VW-Personalvorstand Peter Hartz hat dem Aufsichtsrat des Wolfsburger Unternehmens seinen Rücktritt angeboten. Der 63-Jährige war in den vergangenen Tagen in einer Korruptions- und Schmiergeldaffäre, in die Vertraute von ihm verstrickt waren, immer stärker unter Druck geraten.

Der niedersächsische CDU-Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Christian Wulff erklärte, der Rücktritt solle "mit sofortiger Wirkung" akzeptiert werden. Nach offizieller Darstellung des Automobilkonzerns übernimmt Hartz "die politische Verantwortung für die Unregelmäßigkeiten einzelner Mitarbeiter".

Der VW-Konzern teilte mit, die Spekulationen und Anwürfe hätten "ein Ausmaß erreicht, das im Hinblick auf das Image unseres Unternehmens, unserer Produkte und unserer Mitarbeiter nicht tolerierbar ist", sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Pischetsrieder.

Konto für spezielle Wünsche

"In den zurückliegenden Wochen ist der Konzern durch das Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter auf eine unerträgliche Art und Weise in die Schlagzeilen geraten", sagte Pischetsrieder. Er kündigte "eine lückenlose und zügige Aufklärung" und Konsequenzen "ohne Rücksicht auf Ämter und Personen" an.

Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, der Rücktritt sei "kein Thema für den Bundeskanzler". Hartz habe "sehr, sehr viel gegeben für VW und auch für Deutschland". Ansonsten sei das Ganze eine Angelegenheit des Unternehmens. Wann der Aufsichtsrat über den Rücktritt Hartz' entscheidet, ist offen.

Bereits am Donnerstag hatten nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Pischetsrieder und Wulff über die Krise bei dem Konzern gesprochen.

Sie sollen sich einig gewesen sein, dass Hartz nicht mehr zu halten sei. Hartz, der seit Einführung der nach ihm benannten Arbeitsmarktreform der bekannteste Personalvorstand Deutschlands ist, wird vorgeworfen, ein Netz von Abhängigkeiten zwischen Betriebsräten und Managern geknüpft zu haben. Das System flog auf, als zwei seiner Vertrauten versuchten, über Tarnfirmen mit Volkswagen Geschäfte zu machen.

Hartz war in den vergangenen Tagen im Zusammenhang mit vom Konzern finanzierten Lustreisen für Betriebsratsmitglieder in die Kritik geraten. Eine Schlüsselrolle in der Affäre spielt ein früherer Mitarbeiter seiner Personalabteilung, Klaus-Joachim Gebauer.

Der Manager, der einst Treffen des Europa- und Weltbetriebsrates organisierte und seit mehr als einem Jahrzehnt für die Koordination zwischen Gesamtbetriebsratsausschuss und Vorstand zuständig war, hatte nach eigenen Angaben auch sehr delikate Angelegenheiten arrangiert.

Der inzwischen entlassene Gebauer, der von dem Kieler Anwalt Wolfgang Kubicki vertreten wird, hat eine 60 Seiten umfassende Beichte verfasst. In seinen Erinnerungen, die zu einer Geschichte in der Bild-Zeitung über Liebschaften in Hartz' Umfeld führten, beschreibt Gebauer das System der Vergünstigungen für Betriebsratsmitglieder - einschließlich Zahlungen für Affären. Zu Reisen der Arbeitnehmer beispielsweise sollen Prostituierte eingeflogen worden sein.

Eigenbelege in Höhe von einer Million Euro

Gebauer unterhielt bei der Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg ein Konto , das von VW gespeist wurde. Von diesem wurden nach Darstellung Gebauers spezielle Wünsche von VW-Mitarbeitern bezahlt. Es wurden Eigenbelege über fünfstellige Summen ausgestellt, die ohne Rückfrage vom Konzern akzeptiert wurden.

Nach SZ-Informationen wurden innerhalb von zwei Jahren Eigenbelege in Höhe von einer Million Euro verzeichnet. Auch sollen, mit Wissen von Hartz, Mitglieder des Betriebsratsausschusses samt Frauen mit dem Firmenflieger einmal im Jahr in europäische Metropolen gereist sein, den Frauen soll "Taschengeld" von 1000 bis 2000 Euro überreicht worden sein. Die Verwendung des auf das Konto eingegangenen Geldes sollte auf Anweisung des Vorstands nicht genau überprüft werden.

Der frühere Betriebsratschef Klaus Volkert, auch er ein Hartz-Vertrauter und noch immer Aufsichtsrats-Mitglied, konnte sich auch in sehr privaten Angelegenheiten auf VW verlassen.

Der Konzern zahlte einer Brasilianerin, mit der er eine Liaison hatte und die angeblich Firmenvideos produzierte, pro Quartal 23.008 Euro auf ein weiteres Gifhorner Konto. Dazu kamen Flüge durch Europa und nach Südamerika im Wert von bis zu 10.000 Euro im Monat. Die Abrechnungen wurden als Auslagen des Betriebsrats getarnt.

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