Europa:"Wirtschaftliche Situation wichtiger Eurozonenländer ist prekär"

Frankfurt Financial District

Europäische Zentralbank in Frankfurt: Die Adenauer-Stiftung hält die Euro-Zone für reformbedürftig.

(Foto: Thomas Lohnes/Getty Images)
  • Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist der Thinktank der CDU, jetzt hat sie den Zustand der Eurozone analysiert.
  • "Die wirtschaftliche Situation wichtiger Eurozonenländer ist prekär" und notwendige Reformen seien "weitgehend zum Erliegen gekommen", heißt es in ihrer Studie.
  • Deshalb wären "externe Schocks oder eine heftige Konjunkturabkühlung in der Eurozone kaum abzufangen".
  • Die künftige Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) und ihre Mitstreiter werden ungewöhnlich deutlich zu Reformen aufgefordert.

Von Robert Roßmann, Berlin

Ursula von der Leyen hat es gerade ohnehin nicht leicht. Die künftige EU-Kommissionspräsidentin wurde vom Europaparlament nur mit knapper Mehrheit gewählt. Weil sie keine Spitzenkandidatin war, aber trotzdem Präsidentin wird, schlägt ihr viel Misstrauen entgegen. Der Aufstieg der Rechtspopulisten und die zunehmende politische Fragmentierung Europas machen ihr bei der Zusammenstellung einer neuen Kommission zusätzlich zu schaffen. Der Rucksack, den Ursula von der Leyen gerade zu tragen hat, ist also bereits ziemlich schwer. Und jetzt legt ihr ausgerechnet die Stiftung ihrer eigenen Partei noch einen weiteren Stein hinein.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung, der Thinktank der CDU, hat den Zustand der Euro-Zone analysiert. Und das Ergebnis ist ziemlich ernüchternd: "Die wirtschaftliche Situation wichtiger Eurozonenländer ist prekär und notwendige Reformdynamiken sind weitgehend zum Erliegen gekommen", schreiben die Autoren. In dieser Situation wären "externe Schocks oder eine heftige Konjunkturabkühlung in der Eurozone kaum abzufangen".

"Trügerische Ruhe"

Es gehe deshalb jetzt "mehr denn je um die innere ökonomische Konsolidierung der Eurozone mit politischem Fokus auf Währungsvertrauen, Unternehmertum und Eurozonen-Attraktivität". An all dem müssten die Euro-Gruppe und die neue Europäische Kommission dringend ansetzen. Womit man wieder bei Ursula von der Leyen wäre.

Kurz gesagt, fordert die Adenauer-Stiftung die künftige Kommissionschefin und ihre Mitstreiter ungewöhnlich deutlich zu schnellen und umfassenden Reformen auf. Im Jahr der Europawahl habe sich "eine trügerische Ruhe eingestellt, weil sich die ökonomischen Indikatoren generell ein Stück aufgehellt haben", heißt es in der Analyse der Stiftung. Doch diese Phase der Ruhe könne "jäh" zu Ende gehen, da "die fiskalpolitischen Spielräume der Nationalstaaten und die geldpolitischen Möglichkeiten der Europäischen Zentralbank" nahezu ausgeschöpft seien.

Deshalb müssten "in Brüssel und den Hauptstädten Europas die Alarmglocken läuten". Denn "die derzeitige Reformstagnation" beschleunige den "relativen ökonomischen Abstieg Europas, das durch seine demografische Situation ohnehin herausgefordert" sei. Daher gehe es jetzt "mehr denn je um die innere ökonomische Konsolidierung der Eurozone". Nur so könne "der Euro als politisches Projekt zur Einheit der EU beitragen".

Von der Leyens Kommission und das EU-Parlament müssten sich deshalb "ernsthaft" um die Probleme kümmern, verlangt die Adenauer-Stiftung, ansonsten folge "nach trügerischer Ruhe ein heftiger Sturm". Es sei "Zeit für eine veränderte Fiskal- und Geldpolitik zur Stärkung des Euro nach innen und nach außen".

Bankenunion wurde vom Verfassungsgericht gebilligt, aber mit erheblichen Bedenken

Der Zustand der Euro-Zone, der EU-Staaten und ihrer Banken ist ein Thema, das in dieser Woche ohnehin ziemlich virulent ist. Am Dienstag und Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht über die umstrittenen Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) verhandelt. Dabei ging es vor allem um die Risiken einer gewaltigen Geldschöpfungsmaschine namens PSPP ("Public Sector Purchase Programme"). Die Kläger sind der Ansicht, dass die EZB mit diesem Programm ihre Kompetenzen überschreitet. Und die Fragen der Verfassungsrichter in der Verhandlung ließen durchaus Sympathie für diese Einschätzung erkennen. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

Bereits entschieden haben die Karlsruher Richter dagegen den Streit um die europäische Bankenunion. Am Dienstag billigten sie diese Union zwar, machten dabei aber erhebliche Bedenken geltend. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle sagte, die Regelungen zur Bankenunion "schöpfen den vorgegebenen Rechtsrahmen sehr weitgehend aus, überschreiten ihn aber nicht in einer aus Sicht des Grundgesetzes relevanten Form". Diese Einschätzung setze jedoch eine "strikte Auslegung" der Verträge voraus.

Die Verfassungsrichter haben also bereits einen erstaunlich skeptischen Ton angeschlagen. Die Adenauer-Stiftung hat ihre Kritik jetzt noch viel schonungsloser formuliert.

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