Konjunkturausblick:Sorge vor Rezession in Deutschland wächst

Wie schwer wird die Euro-Krise die deutsche Wirtschaft treffen? Experten hoffen, dass es bei einem leichten Dämpfer bleibt. Doch nun verkündet die OECD, dass es schlimmer kommen könnte.

Die Zuversicht ist verflogen: Vieles deutet darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft nicht länger der Krise in Europa trotzen kann. Nach Einschätzung der internationalen Wirtschaftsorganisation OECD könnte Deutschland im zweiten Halbjahr gar in eine leichte Rezession abrutschen. Nach gängiger Definition würde das bedeuten, dass die Wirtschaft zwei Quartale hintereinander schrumpft.

Für das dritte Quartal prognostizieren die Volkswirte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,1 Prozent, für das Schlussquartal sogar ein Minus von 0,2 Prozent.

"Die Unternehmen halten sich wegen der Euro-Krise mit Investitionen zurück und stellen kaum mehr Beschäftigte ein", erklärte OECD-Deutschland-Experte Andreas Wörgötter zur Vorstellung des jüngsten Konjunkturausblicks in Paris.

Trübe Aussichten für Frankreich und Italien

Auch das Konsumklima trübe sich ein. Für das Gesamtjahr erwartet die OECD in Deutschland noch ein Wachstum von 0,8 Prozent. Im Frühjahr hatte die Prognose für Deutschland noch bei 1,2 Prozent gelegen. OECD-Experte Wörgötter betonte allerdings, dass sich die Aussichten für andere Länder noch weitaus stärker verschlechtert hätten.

So wird für Italien mittlerweile ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 2,4 Prozent erwartet, im Frühjahr hatte die Prognose noch um 0,7 Prozentpunkte besser gelegen. Die Wachstumsprognose für Frankreich wurde von 0,6 auf 0,1 Prozent gesenkt. "Die Politik muss mehr tun, um in der Euro-Zone für neues Vertrauen zu sorgen", kommentiert die OECD in dem Zwischenausblick die Lage in den G7-Industrienationen.

Eine weitere Verschärfung der Euro-Krise könnte signifikante Folgen auch für andere Weltregionen haben. "Wenn die Staats- und Regierungschef scheitern, wird der Abschwung anhalten", warnte OECD-Chefökonom Pier Carlo Padoan. Um die hohen Refinanzierungskosten der Euro-Krisenstaaten zu senken, schlug die OECD erneut eine Intervention der Europäischen Zentralbank (EZB) auf Anleihemärkten vor.

Die Konsolidierung der Staatshaushalte müsse aber wie geplant vorangetrieben werden - auch wenn dies in der aktuellen Situation negative Folgen für das Wachstum haben könne.

Die Finanzmärkte lassen nach Einschätzung der OECD kaum Bewegungsfreiheit. Grundsätzlich wiesen Experten darauf hin, dass der aktuelle Zwischenausblick nur als "ein Schnappschuss" zu verstehen sei. "Die Zahlen sind mit erheblicher Unsicherheit behaftet", erklärte OECD-Volkswirt Eckhard Wurzel.

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