Konjunktur:Die Wirtschaft wächst - und jetzt?

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Wirtschaftsminister Robert Habeck: "Wir sehen jetzt, dass eine schrittweise Erholung einsetzt - und das trotz eines weiterhin schwierigen Umfelds." (Foto: Felix Zahn/Imago/photothek)

Die deutsche Wirtschaft wird nach Schätzung von Wirtschaftsminister Robert Habeck im kommenden Jahr um 1,6 Prozent wachsen. Ausgerechnet Christian Lindner wirft die Frage auf, ob das eigentlich eine gute Nachricht ist.

Von Claus Hulverscheidt

Die Bundesregierung beurteilt auch die Konjunkturaussichten für das kommende Jahr positiver als viele in- und ausländische Experten. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Mittwoch, er rechne für 2024 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF), der Sachverständigenrat und die großen Wirtschaftsforschungsinstitute gehen dagegen von Werten zwischen 1,1 und 1,5 Prozent aus. Wie bereits berichtet, ist die Regierung auch für das laufende Jahr mit einem erwarteten Plus von 0,4 Prozent vergleichsweise optimistisch gestimmt. Der IWF etwa erwartet eine leichte Rezession.

Habeck betonte dagegen, die Wirtschaft habe sich nach der Corona- auch in der Energiekrise als "anpassungs- und widerstandsfähig" erwiesen. "Gerade im schwierigen Winter 2022/23 hat Deutschland gezeigt, was es kann und was möglich ist, wenn alle gemeinsam und konsequent handeln", sagte er. "Wir sehen jetzt, dass eine schrittweise Erholung einsetzt - und das trotz eines weiterhin schwierigen Umfelds." Auch die Inflation habe ihren Höhepunkt überschritten. Nach einer Zuwachsrate von 6,9 Prozent im vergangenen Jahr gehe die Bundesregierung für 2023 von 5,9 und für 2024 von 2,7 Prozent aus.

Trotz staatlicher Stützungsmaßnahmen und steigender Einkommen wird sich die Inflation Habeck zufolge noch eine Weile lang dämpfend auf den privaten Konsum auswirken. Auch bei den Bauinvestitionen sei angesichts der steigenden Zinsen noch mit Zurückhaltung zu rechnen. Anders sehe es bei den Ausrüstungsinvestitionen in Maschinen und Anlagen aus, die laut Regierung im Zuge der weltwirtschaftlichen Erholung und wieder anziehender Exporte spürbar zulegen dürften.

DIW stützt Habecks Konjunkturoptimismus

Gestützt wird Habecks Optimismus durch neue Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dessen "Konjunkturbarometer" im April deutlich zulegte und erstmals seit einem Jahr wieder die 100-Punkte-Marke übersprang. Ab dieser Schwelle kann man von einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum sprechen. "Nach dem Einbruch zum Jahreswechsel dürfte nun der erhoffte Aufschwung einsetzen", erklärte das DIW. Wachstumstreiber sei vor allem die Industrie, auch die energieintensive. Dennoch warnte das Institut vor Euphorie. Zwar hätten die zuletzt wieder niedrigeren Energiepreise sowie die stärkere Auslandsnachfrage die Produktion gestärkt. Zugleich laste aber die hohe Inflation auf den verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte.

Bleibt die Frage, ob es eigentlich eine positive Nachricht ist, wenn die Wirtschaft wächst - ein Punkt, den ausgerechnet FDP-Chef Christian Lindner diese Woche thematisiert hatte. Kapitalismuskritiker klagen immer wieder, der Wunsch nach einem immer währenden Anstieg der Wirtschaftsleistung befördere die Ausplünderung natürlicher Ressourcen, den Ausstoß klimaschädlicher Gase und damit letztlich die Zerstörung des Planeten. Auch der Bundesfinanzminister sagte, Wachstum sei "kein Selbstzweck". Ohne Wachstum könne der Einzelnen seinen persönlichen Wohlstand aber nur steigern, wenn er jemand anderem etwas wegnehme. Wachstum hingegen helfe dabei, mehr Wohlstand für alle zu schaffen.

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