Konjunktur:Wirtschaft wächst stärker

Führende Forscher sehen die deutsche Wirtschaft 2016 mit 1,9 statt 1,6 Prozent wachsen. Wirtschaftsminister Gabriel schlägt einen Zukunftsfonds für Investitionen vor.

Die deutsche Wirtschaft wächst führenden Forschungsinstituten zufolge 2016 trotz schwacher Weltkonjunktur so kräftig wie seit fünf Jahren nicht mehr. Insidern zufolge erhöhen die Experten in ihrem Herbstgutachten für die Bundesregierung die Prognose für das Plus beim Bruttoinlandsprodukt von bislang 1,6 auf 1,9 Prozent, wie Nachrichtenagenturen und Zeitungen melden. 2015 hatte Europas größte Volkswirtschaft noch um 1,7 Prozent zugelegt. Garant für den anhaltenden Aufschwung sind demnach kauffreudige Verbraucher und der stärkere Staatskonsum wegen der Kosten für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen.

Für das nächste Jahr rechnen die Ökonomen allerdings nur noch mit einem Plus von 1,4 Prozent, nachdem sie im Frühjahr noch 1,5 Prozent vorausgesagt hatten. Grund für die schwächere Entwicklung ist zum einen die geringere Zahl an Arbeitstagen 2017, zum anderen sind es die Folgen des Anti-EU-Votums der Briten. Allerdings blickten die meisten Firmen wohl relativ gelassen auf den geplanten Brexit, sagte ein Insider. Dies habe zuletzt auch der überraschend positive Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts signalisiert.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel rechnet für dieses und nächstes Jahr mit einem Wirtschaftswachstum auf dem Niveau von 2015. Im vergangenen Jahr legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,7 Prozent zu. "Mit vergleichbaren Zahlen rechnen wir auch in diesem und im nächsten Jahr", sagte Gabriel am Mittwoch auf einer Mittelstandsveranstaltung in Berlin. Die neue Wachstumsprognose der Bundesregierung steht in der kommenden Woche an.

Gabriel plädierte dafür, die finanziellen Früchte der guten Wirtschaftsentwicklung für zukunftsträchtige Investitionen zu nutzen. "Wir können nicht davon ausgehen, dass die Zinssätze immer so niedrig bleiben", sagte er. Auch eine anhaltend gute Wirtschaftsentwicklung sei nicht gesichert. Es gelte daher jetzt, sich auf neue Herausforderungen und schlechtere Zeiten vorzubereiten.

Gabriel warnte davor, auch mit Blick auf Kräfte in der eigenen Partei, sich wegen der guten Lage der öffentlichen Haushalte allein in einer neuen Verteilungsdiskussion zu verlieren. Er halte es vielmehr für erwägenswert, mit staatlichen Mittel einen Zukunftsfonds zu speisen, um für die nächsten Jahre vorzusorgen. Geld könnte dabei insbesondere in die digitale Entwicklung geleitet werden.

Nach Angaben der Forschungsinstitute wird sich die Zahl der Erwerbstätigen dieses und nächstes Jahr weiter erhöhen, auch wegen Zuwanderung aus EU-Ländern. Die Zahl der Arbeitslosen soll dagegen im kommenden Jahr erstmals seit Langem wieder steigen, wenn auch nur geringfügig. Grund dafür ist die starke Flüchtlingszuwanderung.

Der Staatshaushalt dürfte den Schätzungen nach weiter schwarze Zahlen schreiben. Die sogenannte Gemeinschaftsdiagnose der Forschungsinstitute für die Bundesregierung soll an diesem Donnerstag offiziell veröffentlicht werden. Sie dient ihr als Basis für die eigenen Prognosen. Beteiligt an dem Gutachten sind unter anderem das Münchner Ifo-Institut, das Berliner DIW, das Essener RWI, das Kieler IfW und das IWH Halle.

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