Konjunktur:Keine Bremsspuren, nirgends

Eine Jubelmeldung nach der anderen: Die deutsche Wirtschaft ist nicht nur mit enormem Schwung ins Jahr 2011 gestartet - die hohe Dynamik könnte überraschend ungebremst erhalten bleiben.

Das Jahr 2011 hat für die deutsche Wirtschaft mit außerordentlicher Dynamik begonnen: Das Bruttoinlandsprodukt(BIP) legte im Vergleich zum Vorquartal real um 1,5 Prozent zu und übertraf bereits wieder das Vorkrisenniveau von Anfang 2008, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

Deutsche wirtschaft wächst

Konjunkturboom: Dass die deutsche Wirtschaft derzeit mit großer Geschwindigkeit wächst, war erwartet worden. Dass dies aber vorläufig so bleiben dürfte, ist überraschend: Neuwagen des Typs Ford-Fiesta und Fusion, die in Köln produziert wurden, werden auf einem Binnenschiff über den Rhein in Düsseldorf gefahren.

(Foto: dpa)

Mit dem Wachstumswert von 1,5 Prozent lagen die Statistiker in Wiesbaden punktgenau bei ihrer vorläufigen Berechnung, die sie zuvor genannt hatten.

Im ersten Quartal waren vor allen Dingen die kräftigen Investitionen und staatlichen Konsumausgaben die Antreiber.

Wie die Statistiker bestätigten, kamen die positive Impulse im ersten Vierteljahr vor allem von der Binnenwirtschaft: Insbesondere die Investitionen in Bauten (plus 6,2 Prozent) und in Ausrüstungen wie Maschinen und Fahrzeuge (plus 4,2 Prozent) zogen verglichen zum Schlussquartal 2010 kräftig an.

Auch die staatlichen Konsumausgaben legten deutlich um 1,3 Prozent zu, während der private Konsum nur leicht um 0,4 Prozent stieg. Auch die globale Konjunkturerholung wirkte sich positiv auf das deutsche Wachstum aus.

Dynamik wie noch nie zuvor seit der Wiedervereinigung

Die Exporte stiegen Anfang 2011 gegenüber dem Vorquartal um 2,3 Prozent. Gleichzeitig wurden preis, saison- und kalenderbereinigt 1,5 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen importiert. Der daraus resultierende Außenbeitrag hatte nach den Angaben mit einem Wachstumsbeitrag von plus 0,5 Prozentpunkten einen geringeren Anteil am kräftigen BIP-Wachstum als die inländische Verwendung mit 1,0 Prozentpunkten.

In den nächsten Quartalen dürfte sich die Erholung nach Meinung der Experten zwar etwas abschwächen, doch unterm Strich trauen Konjunkturforscher der heimischen Wirtschaft 2011 das zweite Jahr in Folge ein Wachstum von mehr als drei Prozent zu. Das hat es seit der Wiedervereinigung noch nicht gegeben.

2010 hatte es mit 3,6 Prozent den stärksten Zuwachs im wiedervereinigten Deutschland gegeben. Dem war 2009 wegen der Finanzkrise aber auch mit 4,7 Prozent der schwerste Einbruch seit rund 60 Jahren vorausgegangen.

Geschäftsklimaindex unterbricht Talfahrt

Doch für die nähere Zukunft bleibt der Ausblick überraschend positiv. Denn wie unterdessen bekannt wurde, verharrte der Ifo-Geschäftsklimaindex im Mai unverhofft auf dem Vormonatsniveau von revidiert 114,2 Zählern statt wie allgemein erwartet zu sinken.

"Die Konjunkturampeln in Deutschland stehen nach wie vor auf grün", kommentierte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn die Umfrageergebnisse.

Experten hatten mit einem Rückgang gerechnet, nachdem das wichtigste Stimmungsbarometer für die deutsche Wirtschaft bereits zuvor zwei Mal gesunken war. Die guten Daten zogen den Euro und den Aktienleitindex Dax nach oben.

Die rund 7000 vom Ifo befragten Manager beurteilten ihre Geschäftslage noch einmal besser als bisher, bewerteten ihre Aussichten aber etwas skeptischer. "Die deutsche Wirtschaft läuft trotz vieler internationaler Risiken anhaltend gut", sagte Ifo-Experte Klaus Abberger.

Zu den Risiken zählte er eine Überhitzung in Asien, höhere Inflation, den Ölpreis und die Euro-Schuldenkrise. "Die Exporterwartungen sind weiter sehr positiv, im Mai leicht gestiegen", betonte Abberger. Die Industriefirmen wollen weiter ihr Personal aufstocken, allerdings etwas langsamer als zuletzt.

"Wir befinden uns noch immer in einer Boomphase", sagte Analyst Christian Schulz von der Berenberg Bank. "Wir werden nur ganz, ganz langsam eine Eintrübung bekommen."

Auch Ralph Solveen von der Commerzbank erwartet in den nächsten Monaten nur einen leichten Rückgang des Ifo-Index: "Daraus gleich das Ende des Aufschwungs zu folgern, wäre aber verfrüht."

Neue Gewichtung

Im Einzelhandel hellte sich die Firmenstimmung deutlich auf, im Großhandel trübte sie sich ein. Am Bau blieb das Geschäftsklima fast unverändert.

Das Ifo-Institut hat seinen Index im Mai umgestellt und neu gewichtet. Deshalb wurden frühere Ergebnisse teilweise stark revidiert. Die befragten Manager beurteilten ihre Lage günstiger als zuletzt, der Teilindex stieg auf 121,4 Punkten von revidiert 121 Zählern.

Ihre künftigen Geschäfte bewerteten die Unternehmen etwas skeptischer, die Erwartungskomponente sank auf 107,4 Punkte von revidiert 107,7 Zählern.

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