Konjunktur:Von wegen Aufschwung!

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Das Geschäftsklima-Barometer des Ifo-Instituts hat unerwartet deutlich nachgegeben. Es ist bereits der zweite Rückgang in Folge, so dass die Zweifel an einer nachhaltigen Konjunkturerholung wieder wachsen.

Der Geschäftsklimaindex sank im März um einen Punkt auf 95,4 Zähler. Experten hatten lediglich mit einem Rückgang von 0,4 Punkte gegenüber dem Februar-Wert gerechnet.

Erwartungen trüben sich wieder ein

Damit verzeichneten die Wirtschaftsforscher zum zweiten Mal in Folge einen Rückgang. Zuvor war der Index neun Monate in Folge angestiegen. Der Teilindex für die aktuelle Lage sank um einen halben Punkt auf 92,1 Punkte, der Teilindex für die Erwartungen fiel von 100,3 auf 98,9 Punkte.

Ifo-Chef Werner Sinn sagte, dass vor allem die schwache Inlandsnachfrage auf der Wirtschaft laste. "Die Konjunkturentwicklung krankt nach wie vor an einer schwachen Inlandsnachfrage, die Sorgen über den weiteren Konjunkturverlauf haben sich verstärkt."

Unterschiedliche Interpretationen

Von den Experten der Großbanken gab es unterschiedliche Interpretationen. Während die einen auf Sondereffekte wie den Anschlag von Madrid verweisen und vor einer Überbetonung des Rückgangs warnen, verweisen andere auf viele positive Signale wie den schwächeren Euro oder die verbesserten Exporterwartungen. Wenn in diesem an für sich guten Umfeld der ifo-Index weiter sänke, müsse man sich ernsthaft Sorgen machen.

Ifo-Konjunkturexperte Gernot Nerb sagte: "Der Aufschwung ist noch nicht in Gefahr, aber die Stärke des Aufschwungs muss schon noch mal überprüft werden." Die Bundesregierung hält dagegen an ihrer Wachstumsprognose von von 1,5 bis 2,0 Prozent in diesem Jahr fest.

Es sei normal, dass Unternehmen am Anfang einer Aufschwungphase ihre Erwartungen zurückschraubten, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Die Besserung in Deutschland gehe in erster Linie auf die positive Entwicklung der Weltkonjunktur zurück. Nun gelte es, den Binnenmarkt zu stärken und die Reformen ohne Abstriche umzusetzen.

Opposition wirft Schröder Realitätsverlust vor

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte, die Debatten über eine Ausbildungsplatzabgabe, neue Steuern und den Emissionshandel verunsicherten Unternehmer wie Verbraucher. Das Hin und Her in der Wirtschaftspolitik führe dazu, dass die Menschen ihr Geld zusammen hielten und auf bessere Zeiten warteten.

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, der Aufschwung liege noch in weiter Ferne, und warf Bundeskanzler Gerhard Schröder "dramatischen Realitätsverlust" und "Schönmalerei" vor. Er solle die Reformen nicht zurückdrehen, sondern viel mutiger vorantreiben.

Der Einzelhandel zieht nach unten

Ifo-Experte Gernot Nerb erklärte, auch der starke Euro und die Wirtschaftspolitik spielten mit hinein. Der massive Rückgang beim Einzelhandel habe den ganzen Indikator nach unten gezogen. Die Investitionsgüterindustrie habe sich ganz gut gehalten, bei der Chemie- und Stahlindustrie sei die Luft etwas draußen, und bei der Konsumgüterindustrie laufe es nicht gut. Die Europäische Zentralbank hätte jetzt Spielraum für eine Zinssenkung.

Das ifo-Barometer stützt sich auf eine Umfrage bei 7000 Firmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Baugewerbe sowie dem Groß- und Einzelhandel.

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