Süddeutsche Zeitung

Konjunktur:Industrie bekommt mehr Aufträge

Die Zahl der Bestellungen wächst schneller als gedacht.

Die Zahl der Aufträge der deutschen Industrie hat sich im August vor allem wegen der verbesserten Nachfrage aus den Euro-Ländern den vierten Monat in Folge erhöht. Die Bestellungen wuchsen um 4,5 Prozent zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 2,6 Prozent gerechnet. Zudem wurde das Wachstum vom Juli von 2,8 auf 3,3 Prozent nach oben revidiert. Trotz dieser Werte ist das Vorkrisenniveau nicht erreicht worden: Gemessen am Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland, liegen die Bestellungen noch um 3,6 Prozent niedriger.

"Der Aufholprozess der Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe setzt sich weiter mit bemerkenswertem Tempo fort", betonte das Ministerium dennoch. Frühindikatoren wie die Ifo-Geschäftserwartungen würden ebenso einen positiven Ausblick liefern wie die sinkenden Zahlen zur Kurzarbeit.

Wirtschaftsverbände sehen den Aufschwung allerdings auf recht wackligen Beinen. "Das Auslandsgeschäft bleibt von erheblichen Unsicherheiten geprägt", warnte der Experte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ilja Nothnagel. "Die Sorge vor Einschränkungen im grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehr nimmt wieder zu." Sie wird geschürt von stark steigenden Corona-Infektionen bei wichtigen Handelspartnern wie Frankreich. Das erhöhe die Gefahr eines Rückschlags, sagte ebenfalls des Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger.

Die Aufträge aus Deutschland legten im August um 1,7 Prozent zu, die aus dem Ausland wuchsen um 6,5 Prozent. Dabei nahmen die Bestellungen aus der Euro-Zone um kräftige 14,6 Prozent zu, die aus dem restlichen Ausland um 1,5 Prozent. In der Automobilindustrie liegt das Auftragsniveau inzwischen um 0,3 Prozent über dem Vorkrisenniveau vom Februar 2020. Der Maschinenbau verzeichnete zwar ein kräftiges Wachstum von 11,4 Prozent, bleibt damit aber noch um 5,8 Prozent hinter dem Februar-Wert zurück.

"Dieser kräftige Anstieg ist auch deshalb eine gute Nachricht, da er zeigt, dass die Unternehmen angesichts der fortschreitenden Erholung der Weltwirtschaft ihre Investitionen allmählich wieder hochfahren", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen zur Entwicklung der Maschinenbauer.

Das Bruttoinlandsprodukt ist wegen der Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie im zweiten Quartal in Rekordtempo eingebrochen. Es fiel um 9,7 Prozent niedriger aus als im Vorquartal. Für das gerade beendete Sommerquartal erwartet die Commerzbank ein Wachstum von etwa neun Prozent.

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Quelle:
SZ vom 07.10.2020 / Reuters
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