Konjunktur:Deutsche shoppen sich aus der Krise

Die Schuldenprobleme scheinen Europa schier zu erdrücken, doch die deutsche Wirtschaft wächst davon unbeeindruckt weiter. Die Industrie arbeitet auf Hochtouren und auch die Konsumenten kaufen eifrig. Vielleicht knackt die Bundesrepublik beim Wachstum zum Jahresende sogar noch die Drei-Prozent-Marke. Bei Experten wächst aber die Furcht vor dem "Mehltau" der Schuldenkrise.

Wer so viel konsumiert, hält die Krise auf Distanz: Die deutsche Wirtschaft wächst, vor allem wegen der starken Inlandsnachfrage. Im dritten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zu den drei Monaten zuvor um 0,5 Prozent zu, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Damit ist das BIP binnen eines Jahres kalenderbereinigt um 2,6 Prozent gestiegen.

Einzelhandel am ersten Adventswochenende

Vor allem private Konsumausgaben sorgten dafür, dass die Wirtschaftsleistung im vergangenen Quartal trotz der Schuldenkrise in Europa zugenommen hat.

(Foto: dpa)

Auch im zweiten Quartal lief es besser als zunächst erwartet. Das Amt korrigierte seine Angaben für diesen Zeitraum. Statt mit 0,1 Prozent wie zunächst berechnet, habe die Wirtschaftsleistung zwischen April und Juni dieses Jahres um 0,3 Prozent zugelegt. Wegen der guten Zahlen der vergangenen zwei Quartale halten Experten es nun für möglich, dass für das ganze Jahr noch ein Plus von drei Prozent erreicht werden kann.

Ökonomen erklärten das Zwischenhoch in erster Linie damit, dass die Industrieproduktion von Juli bis Ende September erneut zugelegt hat. Vor allem aber gaben Bürger und Industrie mehr Geld aus: Die privaten Konsumausgaben stiegen, Betriebe investierten mehr in Maschinen und Fahrzeuge.

Die deutschen Exporte stiegen weiter deutlich, das wirkte sich aber kaum auf das BIP aus, erklärten die Statistiker. Denn auch die Einfuhren legten gleichzeitig zu. Deshalb bleibt die Differenz zwischen beiden gering, die als Außenbeitrag ins BIP einfließt. Nach dem Bauboom zu Jahresbeginn ging der Beitrag dieser Branche wieder etwas zurück.

Die Daten zeugen auch von einem immer stabileren Arbeitsmarkt: Das BIP im dritten Quartal wurde den vorläufigen Berechnungen zufolge von etwa 41,2 Millionen Erwerbstätigen im Inland erbracht. Das waren fast eine halbe Million Menschen oder 1,2 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Doch langfristig wird auch der hohe Konsum der Deutschen die negativen Auswirkungen der Schuldenkrise nicht abwehren können, glauben die meisten Experten. Noch läuft es gut, aber die Aussichten für Deutschland und den Euro-Raum haben sich nach dieser Einschätzung zuletzt merklich verschlechtert. Spätestens 2012 wird mit einem herben Dämpfer für die Konjunktur gerechnet.

Im November fiel der vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) berechnete Index zur Konjunkturerwartung gar zum neunten Mal in Folge, wie das ZEW jetzt mitteilte. Diesmal nahm der Index um 6,9 Punkte ab und erreichte minus 55,2 Punkte. Ein noch niedrigerer Wert wurde zuletzt im Oktober 2008 verzeichnet.

Die Schuldenproblematik im Euroraum und in den Vereinigten Staaten lege sich "wie Mehltau" auf die Konjunktur, erklärte ZEW-Präsident Wolfgang Franz. "Diese Risiken könnten noch gewichtiger werden, was das Wachstum in Deutschland weiter beeinträchtigen dürfte."

Die vom ZEW befragten Analysten und institutionellen Anleger bewerteten sowohl die aktuelle konjunkturelle Lage als auch die Aussichten pessimistischer. Der Indikator zur Bewertung der Lage sank im November um 4,2 Punkte auf nun 34,2 Punkte, der Indikator zu den Konjunkturerwartungen fiel sogar um 7,9 Punkte auf nun minus 59,1 Punkte.

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