Konjunktur:In der deutschen Industrie herrscht unerwartet starke Flaute

Stahl - US-Strafzölle

Der Handelskonflikt mit den USA trifft den Exporteuropameister Deutschland.

(Foto: dpa)
  • Die Aufträgseingänge für die Unternehmen sind ein wichtiges Signal für die weitere Entwicklung der Wirtschaft.
  • Im April gingen die Aufträge im Vergleich zum März um 2,5 Prozent zurück.
  • Ökonomen sind irritiert, doch das Wirtschaftsministerium sieht keinen Grund zur Panik.

Eigentlich hatten die Experten angenommen, es würde nun wieder aufwärts gehen mit der deutschen Industrie. Doch jetzt zeigt sich: Die Unternehmen stecken in der längsten Auftragsflaute seit der weltweiten Finanzkrise 2008. Im April erhielten sie bereits den vierten Monat in Folge weniger Bestellungen. Die Aufträge gingen im Vergleich zum März um 2,5 Prozent zurück. Der Grund seien vor allem die schwache Nachfrage aus Deutschland und der Euro-Zone, sagte das Bundeswirtschaftsministerium.

Von Reuters befragte Ökonomen hatten ein Wachstum von 0,8 Prozent erwartet. "Inwieweit hierbei Verunsicherungen insbesondere aus dem außenwirtschaftlichen Umfeld eine Rolle spielen, ist schwer einzuschätzen", erklärte das Ministerium.

Der Handelskonflikt mit den USA, die Unwägbarkeiten durch den näher rückenden EU-Austritt Großbritanniens und weltweit zunehmende Handelshürden wie höhere Zölle oder zusätzliche Zertifizierungen treffen die Exportnation Deutschland.

Besonders der Konflikt zwischen dem wichtigsten deutschen Exportkunden USA und der EU lässt bei vielen Investoren die Furcht vor einem weltweiten Handelskrieg aufkommen. Die USA haben Importzölle auf Stahl und Aluminium angehoben, weshalb die EU ab Juli ihrerseits Strafzölle einführen will - etwa auf Whiskey und Jeans.

Grund zur Panik sieht das Wirtschaftsministerium trotz der schwachen Auftragsentwicklung nicht. Es verweist darauf, dass der Auftragsbestand der Unternehmen mit einer Reichweite von 5,6 Monaten sehr hoch sei. Zudem stabilisierte sich das Geschäftsklima im Mai, wie die monatliche Umfrage des Ifo-Instituts unter Tausenden Managern ergab.

Der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht in der schrumpfenden Nachfrage aber ein schlechtes Zeichen. "Zwar sind die Auftragsbestände derzeit noch hoch", sagte DIHK-Expertin Sophia Krietenbrink. "Der Aufschwung steht aber merklich auf dem Prüfstand." Ob sich das Konjunkturbild nun grundlegend geändert hat, dürfte sich wohl erst nach den Mai-Daten sagen lassen, so der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger.

Schon im ersten Quartal ging es abwärts

Die deutsche Wirtschaft hatte bereits im ersten Quartal merklich an Schwung verloren. Ihr Wachstum halbierte sich gegenüber dem Vorquartal auf 0,3 Prozent. Waren dafür auch Sondereffekte wie Streiks und viele Arbeitsausfälle durch die Grippewelle mitverantwortlich, deutet die Auftragsentwicklung nicht auf einen kräftige Belebung hin.

"Damit dürfte die deutsche Wirtschaft auch im zweiten Quartal nur moderat wachsen", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Die Auslandsnachfrage schrumpfte im April insgesamt um 0,8 Prozent. Dabei brachen die Bestellungen aus der Euro-Zone um 9,9 Prozent ein, während die aus dem Rest der Welt um 5,4 Prozent zunahmen. Die Inlandsnachfrage nahm um 4,8 Prozent ab.

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