Konjunktur:Im Konsum liegt Hoffnung

Die Deutschen haben zu Weihnachten wieder mehr gekauft - Signal für einen Stimmungswandel. Ein Kommentar von Nikolaus Piper

Weihnachten ist das Fest der Widersprüche. Die Pfarrer predigen am Heiligen Abend von den Kanzeln gegen Konsumwut und die Kommerzialisierung der Frohen Botschaft. Aber in den vier Wochen zuvor ruht die Hoffnung von Millionen Menschen auf genau dieser Kommerzialisierung: Läuft das Weihnachtsgeschäft gut, sind Firmen und Arbeitsplätze gerettet, läuft es schlecht, muss man für das nächste Jahr noch Schlechteres fürchten. Der Widerspruch ist vermutlich unauflösbar, vielleicht lebt die Weihnachts-Botschaft ja gerade von dem Gegensatz von Weltlichem und Über-Weltlichem. Nur wird er in diesen Zeiten besonders wahrgenommen, wenn die Menschen dringend auf wirtschaftlich bessere Zeiten hoffen.

In diesem Sinne war die weltliche Seite des Weihnachtsfests 2005 ein Erfolg: Die Deutschen haben, wenn die Verbandsexperten in ihren ersten Stellungnahmen nicht zu euphorisch waren, mehr gekauft als im vergangenen Jahr. Jedenfalls gibt es in der Bundesrepublik trotz Gesundheitsreform, trotz der Aussicht auf Hartz IV und anderen Reformhärten offenbar doch keine Endlosspirale des Angstsparens. Das ist ein Signal für einen Stimmungswandel, für eine etwas optimistischere Einschätzung der eigenen Lage durch die Bundesbürger. Mehr nicht, aber auch nicht weniger.

Dieser Befund ändert nichts an der Tatsache, dass viele Menschen in diesem Land auch am Nötigsten sparen müssen, dass die Angst vor weiterem Jobabbau und materiellen Einschnitten in den Firmen grassiert. Vor allem sollten all die Politiker, die sich von der Konsum-Nachfrage einen schnellen Aufschwung erhoffen, die Erfahrung früherer Konjunktur-Zyklen nicht ignorieren. Die Erholung lief in der Bundesrepublik immer so ab: Erst zog der Export an (das ist längst geschehen), dann investierten die Unternehmer mehr (dieser Schritt ist beunruhigend lange ausgeblieben), dann entstanden neue Arbeitsplätze, und die Konsumausgaben zogen nach. Nichts deutet darauf hin, dass sich an diesem Schema etwas geändert haben könnte.

Der Schlüssel liegt also bei den Investitionen. Auf weiteres exorbitantes Exportwachstum ist nicht zu bauen, weil der Boom in Amerika nachlässt und der Dollar bis auf weiteres schwach bleiben dürfte. Die Unternehmen wagen dann mehr Investitionen, wenn sie auf künftige Erträge hoffen können. Hier liegt die Verbindung zu Hartz IV und zur Agenda 2010 des Bundeskanzlers. Die Reformen müssen weitergehen, soll die Investitionskonjunktur in Gang kommen. Das bedeutet auch: Die Zeit des Umbaus in den Betrieben, der Umstellung auf neue Wettbewerbsverhältnisse und Kostenrelationen ist nicht abgeschlossen, sie kann es so schnell auch nicht sein. Aber es ist ein - unter Umständen entscheidender - Unterschied, ob diese Veränderungen in einem Klima der Zuversicht oder einem der Angst stattfinden. Insofern ist das gute Weihnachtsgeschäft ein wichtiges Zeichen der Hoffnung.

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