Konjunktur:Donald schadet Trump

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Make America Great Again: US-Präsident Trump im Juli bei einem Auftritt vor der U.S. Steel Corp. in Illinois. (Foto: Daniel Acker/Bloomberg)

Falls die Zollerhöhungen des US-Präsidenten dauerhaft bestehen bleiben, gehören die Vereinigten Staaten zu den größten Verlierern. Eine Prognose bis 2045 zeigt, wie Protektionismus und Demografie die Welt verändern.

Von Alexander Hagelüken, München

Wenn Protektionismus nach Art von Donald Trump dauerhaft die Weltwirtschaft prägt, verlieren die Industriestaaten deutlich an Wachstum. Die Wirtschaftsleistung fällt im Jahr 2020 um 0,4 Prozent niedriger aus als sonst. 2025 wären es bereits 0,6 Prozent. Das zeigt ein bisher unveröffentlichter Report des Prognos-Instituts über globale Trends. Die Projektionen für die nächsten Jahrzehnte ergeben unter anderem, dass Europa an Bedeutung verliert und die Demografie die deutschen Staatsausgaben hochschnellen lässt.

Falls die deutlichen Zollerhöhungen von US-Präsident Trump genauso wie die Gegenreaktionen der betroffenen Nationen dauerhaft gelten, werden die Vereinigten Staaten selbst zu den größten Verlierern. Ihr Minus beim Bruttoinlandsprodukt fällt doppelt so hoch aus wie im Durchschnitt von mehr als 40 Industriestaaten. Donald schadet Trump. Deutschland würde etwas weniger leiden als der Durchschnitt. Allerdings wären die Branchen Fahrzeugbau, Metall und Elektronik besonders betroffen.

Für Deutschland stehen die Zeichen trotzdem auf Internationalisierung

"Die Prognose zeigt: Protektionismus und Handelsbeschränkungen kennen nur Verlierer", sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw), die den Report in Auftrag gab. Deshalb müsse die Politik alles dafür tun, den freien Welthandel zu erhalten und auszubauen. "Wir hoffen, dass die jüngste Vereinbarung zwischen Donald Trump und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker dafür den Weg wieder ebnet."

Prognos hält es selbst nicht für das wahrscheinlichste Szenario, dass die Welt dauerhaft vom Protektionismus geprägt wird. "Einzelereignisse wie die Wahl des globalisierungskritischen US-Präsidenten Trump oder die Entscheidung des Vereinigten Königreichs für den Brexit zeigen zwar, dass die Gegner einer weiteren Handelsliberalisierung an Einfluss gewonnen haben. Gleichwohl erwarten wir, dass es keine massive Ausweitung des Protektionismus gibt und die von den USA bislang angekündigten Einfuhrzölle nicht zu einem anhaltenden Handelskonflikt führen."

Die Globalisierung wird demnach wahrscheinlich nicht gestoppt. Aber sie entwickelt sich schwächer als in den 1990er- und Nullerjahren. Für Deutschland stehen die Zeichen trotzdem auf Internationalisierung. In der zweiten Hälfte des aktuellen Jahrzehnts leistet der Außenbeitrag, also der Saldo von Ex- und Importen, nur einen relativ bescheidenen Beitrag zum Wachstum. Dominant ist der private Konsum. Bis 2045 verschiebt sich das aus Sicht von Prognos: Dann wird der Außenbeitrag ein Drittel des Wachstums beisteuern. Dabei löst China die Vereinigten Staaten als wichtigster Exportmarkt ab. Der Anteil der Ausfuhren an andere EU-Staaten schrumpft von heute der Hälfte auf unter 40 Prozent.

Die globalen Gewichte verschieben sich. Insgesamt dürfte die Weltbevölkerung laut Prognos bis 2045 von heute 7,5 auf 9,5 Milliarden Menschen zunehmen, während Europas Einwohnerzahl schrumpft. Dann ist mehr als jeder zweite Mensch Asiate. Indien wird zum bevölkerungsreichsten Land. Die Wirtschaft wächst mit knapp vier Prozent pro Jahr. Allein ein Drittel des globalen Wachstums bis 2045 kommt aus China. Das Wohlstandsgefälle zwischen Industrie- und Schwellenländern bleibt jedoch groß. So liegt das Pro-Kopf-Einkommen in China auch 2045 lediglich bei 30 Prozent der Industrieländer.

Die USA bleiben die größte Volkswirtschaft des Erdballs. Ein wichtiger Faktor dafür ist die günstige demografische Entwicklung, das heißt relativ geringe Alterung der Bevölkerung, relativ viele Geburten und Zuwanderung. In der Bundesrepublik dagegen drückt nach der Erwartung von Prognos die Demografie deutlich aufs Wachstum. Steigt das Bruttoinlandsprodukt Ende dieser Dekade pro Jahr noch um knapp zwei Prozent, werden es in der nächsten Dekade im Durchschnitt nur 1,3 und von 2030 bis 2040 etwa 1,1 Prozent sein.

Wenn die Bevölkerungszahl nicht wächst, könnte die Technologie das Wachstum anregen

Pro Kopf wächst die Wirtschaftsleistung dagegen stets gleich. Verantwortlich ist also die Demografie. In der Bundesrepublik sollen 2045 nur noch 80 statt heute 83 Millionen Menschen leben. Auf jeden Senior kommen dann statt wie heute drei Bürger im klassischen Erwerbsalter von 20 bis 64 nur noch zwei, die üblicherweise seine Rente erwirtschaften. Während die Volkswirtschaft weniger wächst, steigt vor allem infolge alterungsbedingter Kosten für Rente, Gesundheit und Pflege die Staatsquote von 44 Prozent auf die Hälfte.

Gravierend ist aber auch der absehbare Mangel an Fachkräften, warnt Brossardt: "Der demografische Wandel ist ein entscheidender Aspekt für unsere künftige wirtschaftliche Entwicklung. Besonders der zunehmende Fachkräftemangel könnte künftig eine Steigerung der Wertschöpfung in einzelnen Branchen verhindern und so die Struktur der Volkswirtschaft spürbar beeinflussen."

Wenn das Wachstum nicht wie in geburtenstarken Gesellschaften durch die Demografie angeregt wird, muss es aus anderen Quellen kommen - etwa der Technologie. Da enthält die Prognos-Studie für Deutschland auch gute Nachrichten: Die Bundesrepublik gibt knapp drei Prozent der Wirtschaftsleistung für Forschung und Entwicklung aus. Zwar investieren Südkorea und Japan mehr. Unter den Industriestaaten hält Deutschland dennoch einen Spitzenplatz; die USA, Großbritannien, Frankreich oder Italien schneiden zum Teil deutlich schlechter ab.

© SZ vom 07.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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