Konjunktur:Die fetten Jahre müssen nicht vorbei sein

Mayview Maersk

Hamburg: Das Containerschiff ´Mayview Maersk" fährt in den Hafen ein.

(Foto: dpa)

Die deutsche Wirtschaft schwächelt. Für die Bundesregierung sollte das ein Warnsignal sein: Sie muss den Konsum im Inland fördern. Sonst droht wirklich ein dauerhafter Abschwung.

Kommentar von Alexander Hagelüken

Diese Meldung schockt, kein Zweifel: Die deutsche Wirtschaft ist von Juli bis September geschrumpft. So etwas geschah zuletzt vor reichlich dreieinhalb Jahren. War es das also mit dem Boom, an den sich die Deutschen so gewöhnt haben? Ist der Aufschwung vorbei, der Unternehmen immer weitere Gewinne verhieß - und Beschäftigten Lohnsteigerungen nach der vorherigen Durststrecke?

Die Antwort lautet: Nein. Denn im dritten Quartal gab es einen Ausnahmefaktor, der Ausnahme bleiben wird. So weit die guten Nachrichten. Die schlechten: Der Quartalsschock stimmt darauf ein, dass der Boom zumindest abflaut. Die Politiker sollten deshalb aber nicht jammern. Sondern handeln.

Ökonomen hatten den Sommerknick erwartet. Die Autohersteller fremdelten mit neuen WLTP-Abgastests, sie produzierten weniger. Das wiederholt sich nicht, jedenfalls nicht wegen WLTP. Für Oktober bis Dezember rechnen Ökonomen wieder mit leichtem Wachstum.

Allerdings eben nur mit einem leichten. In drei der vier vergangenen Jahre hat die deutsche Volkswirtschaft nun mehr als zwei Prozent zugelegt. So viel erscheint 2018 illusorisch. Die Wirtschaftsweisen gehen nur von 1,6 Prozent aus. Das wäre beileibe kein Beinbruch, in den mageren Nullerjahren hätte jeder Bundeskanzler so eine Zahl gern genommen. Aber es ist doch ein Anzeichen, dass die fetten Jahre bald vorbei sein dürften.

Der Export, lange Motor Nummer eins, schwächelt schon länger. Gerade China kauft weniger ein. Zusätzlich drückt auf die Konjunktur, dass die deutschen Unternehmen weniger investieren als in früheren Boomphasen. Die Firmen zögern, weil es beim Export so viele Unsicherheiten gibt. Und die entscheiden nun darüber, ob der Aufschwung endet.

Eine Unsicherheit, der Brexit, könnte mit einem Deal absehbar abnehmen. Anders sieht es mit dem Streit um Italiens Haushalt aus. Der dürfte die Stimmung noch eine Weile belasten. Zumal, wenn die Regierung in Rom ihren Konfrontationskurs wirklich bis zur Europawahl fährt, weil Vizepremier Matteo Salvini in grotesker Selbstüberschätzung Chef der EU-Kommission werden will.

Ja, auch der Staat kann investieren

Und dann ist da noch der Elefant im Raum, wie die Amerikaner ein offensichtliches Problem nennen. Dieser Dickhäuter hört auf den Namen Donald, was das Einzige zu sein scheint, worauf er hört. Donald Trump befeuerte mit seiner unsozialen Steuerreform die Konjunktur. Doch dieser künstliche Impuls läuft nach und nach aus, was der Weltwirtschaft schaden wird. Der zweite, größere Abtörner sind natürlich seine protektionistischen Attacken auf China - und bald womöglich auf Europa. Ausgang ungewiss, und damit auch die konjunkturellen Folgen.

Ja, die fetten Jahre in Deutschland könnten vorbeigehen. Aber deshalb müssen nicht gleich sieben magere folgen wie in der Bibel. Die Bundesregierung kann das verhindern. Sie muss nur darauf aufbauen, dass schon länger die heimische Nachfrage den Boom stützt, nicht die schwächelnden Exporte und Investitionen. Der Konsum wird sich durch Rekordbeschäftigung und Lohnsteigerungen noch eine Weile gut entwickeln. Nun sollte ihn die Bundesregierung zusätzlich stärken: Indem sie Normalverdiener ernsthaft von Steuern und Abgaben entlastet, damit die mehr Netto haben - und ausgeben können. Dumm ist nur, dass Union und SPD eine solche Reform in ihrer auf einzelne Wählerklientelen abgestimmten Ausgabenwut völlig vergessen. Noch etwas ignorieren sie: Ja, auch der Staat kann investieren, statt sich an der schwarzen Null zu berauschen.

Wenn die Regierung diese Fehler nicht korrigiert, wird die Konjunkturflaute schlimmer ausfallen als nötig.

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