Konjunktur:Chinas Wachstum sinkt auf Dreijahrestief

Die Wirtschaft der Volksrepublik wächst so langsam wie seit Beginn der Finanzkrise nicht mehr: Mit 7,4 Prozent wird sogar die Vorgabe der Regierung verfehlt, obwohl diese ohnehin schon zurückhaltend war. Die negative Entwicklung in China trifft auch Deutschland und die Euro-Zone.

Lange Zeit galt der Wachstumsmotor China als letzte Hoffnung für die schwächelnden Wirtschaften im Rest der Welt. Auch die Euro-Zone, allen voran Deutschland als Exportnation, hat sehr von der starken Nachfrage aus Asien profitiert. Nun verlangsamt sich aber das Tempo der chinesischen Wirtschaft immer weiter: Das Wachstum in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist nun auf den niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahren gefallen.

Chinas Konjunktur legte im dritten Quartal nur noch um 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie das Statistikamt in Peking mitteilte. Es war der siebte Quartalsrückgang in Folge und das niedrigste Wachstum seit Anfang 2009 kurz nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise.

Wegen des schwächeren Außenhandels und der geringen heimischen Nachfrage war bereits im zweiten Quartal nur ein Wachstum von 7,6 Prozent verzeichnet worden. Die Schuldenkrise in Europa und die schlechte Konjunktur in den USA haben zu einem spürbaren Rückgang der Nachfrage nach Waren "Made in China" geführt. Die Exporte trugen 2011 laut Weltbank zu 31 Prozent des chinesischen Wachstums bei.

Andersherum kann China aber auch die Weltkonjunktur nicht mehr wie bisher mitziehen. Deutsche Exporteure, die stark vom Geschäft mit Fernost profitiert haben, bekommen den Wachstumsrückgang bereits zu spüren. Im vergangenen Jahr hatte Chinas Wirtschaft noch um 9,2 Prozent zugelegt. In den vergangenen drei Jahrzehnten hatte China im Schnitt meist ein Wachstum von fast zehn Prozent erreicht.

China braucht hohe Wachstumsraten

Den krisengeplagten Europäern oder Amerikanern erscheinen sieben Prozent Wachstum zwar sehr hoch. Doch ein Schwellenland wie China braucht so viel Wachstum, um ausreichend Arbeitsplätze zu schaffen und das Versprechen der Regierung einlösen zu können, die Menschen aus der Armut zu holen. Die kritische Grenze legen Ökonomen bei sechs bis acht Prozent an.

Experten erwarten, dass China sein selbst gestecktes Wachstumsziel von 7,5 Prozent in diesem Jahr leicht übertreffen wird. Allerdings war diese Vorgabe der Regierung schon zurückhaltend angesetzt - und gewöhnlich wird sie um ein oder gar zwei Prozent übertroffen.

Trotz der enttäuschenden Entwicklung gab sich Regierungschef Wen Jiabao demonstrativ zuversichtlich. Vor Bekanntgabe der Zahlen warnte der Premier zwar vor "beträchtlichen Schwierigkeiten" im letzten Quartal, äußerte aber seine Überzeugung, dass sich die Wirtschaft durch die Konjunkturmaßnahmen der Regierung "weiter stabilisieren" werde.

Die Staatsführung in Peking versucht schon länger, der Entwicklung gegenzusteuern. So wurden Leitzinsen gesenkt und Kapitalreserve-Anforderungen für Banken gelockert, um die Vergabe von Krediten anzukurbeln. Zudem will die Regierung die Wirtschaft mit Infrastrukturprojekten fördern.

Es habe Verbesserungen in der Entwicklung und Umstrukturierung der Wirtschaft gegeben, heißt es aus Peking. Traditionelle Industrien seien zwar in Schwierigkeiten, doch sei der Hochtechnologiesektor "in vergleichsweise besserem Zustand", sagte Wen Jiabao. Auch die Landwirtschaft und der Dienstleistungsbereich entwickelten sich positiver als die Industrie.

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