Konjunktur:Abgewürgt

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„Buy American“, forderte US-Präsident Trump seine Landsleute auf. Doch nach dem Ende der Rabattprogramme kaufen die US-Bürger viel weniger amerikanische Autos: zu teuer, zu wenig Geld übrig.

(Foto: Spencer Platt/AFP)

Der Absatz der drei großen Autohersteller bricht ein, das belastet die Konjunktur. US-Präsident Trump hat hohe Erwartungen an die Fahrzeugindustrie, sie ist gemessen an den Jobs die wichtigste Branche.

Von Kathrin Werner, New York

Ein Grundpfeiler des amerikanischen Wirtschaftswachstums schwächelt: die Autoindustrie. Im Juli haben die Amerikaner sieben Prozent weniger Autos und kleine Trucks wie Geländewagen gekauft als im Vorjahreszeitraum. Das ist der größte Einbruch seit August 2010. Es gab in diesem Jahr noch keinen Monat mit Zuwächsen. Selbst Pickups und SUVs verkaufen sich nicht mehr so gut, was besonders beunruhigend für die drei großen US-Hersteller General Motors, Ford und Fiat Chrysler ist, die mit dieser Kategorie einen guten Teil ihrer Gewinne einnehmen. Die Zahlen der "Detroit Three" waren allesamt schlechter als von Experten vorhergesagt.

Schlechte Nachrichten vom Automarkt sind kein gutes Zeichen für die amerikanische Volkswirtschaft. Autobauer sind die größten Arbeitgeber in den Fabriken, vor allem auf ihnen ruht die Hoffnung auf ein Wachstum des "American Manufacturing", das US-Präsident Donald Trump seinen Anhängern versprochen hat. Bei den Herstellern, ihren Zulieferern und Händlern in den USA arbeiten mehr als sieben Millionen Menschen. Ein so anhaltender Rückgang wie in diesem Jahr ist Anlass für ernsthafte Sorgen um die US-Konjunktur.

Der IWF glaubt nicht an die Konjunkturprogramme - und senkt die Wachstumsprognosen

Amerikaner können sich neue Autos schlicht nicht mehr leisten, sie sind in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden. Die Durchschnittssumme, die Autokäufer als Kredit aufnehmen für ihren Neuwagen, lag zuletzt bei gut 30 000 Dollar, 17 Prozent mehr als vor fünf Jahren. Pro Monat müssen sie dann mehr als 500 Dollar abbezahlen. Das zehrt am Haushaltsgeld. Zahlen über Konsumverhalten und Gehälter der Amerikaner passen dazu: Die Ausgaben stiegen um gerade mal 0,1 Prozent zwischen Mai und Juni, ihr Einkommen wuchs fast gar nicht, hat das Bureau of Economic Analysis ermittelt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Prognosen für die USA gerade zurückgeschraubt. Statt bisher 2,3 Prozent erwarten die Experten nun noch 2,1 Prozent Wachstum. Im ersten Quartal 2017 war die Wirtschaft so langsam gewachsen wie zuletzt 2014.

Der IWF glaubt nicht an Trumps Konjunkturprogramme, er hatte Steuer-Erleichterungen und Infrastruktur-Zuschüsse verkündet, aber noch nicht umgesetzt. Auch für 2018 sind die Experten skeptisch und prophezeien nur 2,1 Prozent Anstieg. Das liegt eben auch an der Autobranche, die einen Gutteil des für die US-Volkswirtschaft so wichtigen Konsums ausmacht.

Im vergangenen Jahr lockten die Konzerne Kunden mit so vielen Sonderangeboten, dass der Absatz so hoch war wie nie zuvor: 17,5 Millionen Autos und kleine Trucks. Das verzerrt den Vergleich mit diesem Jahr, indem die Unternehmen lieber etwas weniger Autos verkaufen, weniger Rabatte geben, aber pro Auto mehr verdienen. Die Hersteller haben vor allem ihre Verkäufe an Mietwagenfirmen gedrosselt, in diesem Geschäft sind die Preise so niedrig, dass die Autos kaum noch Gewinn bringen. Die Firmen hoffen, dass das Ende der Rabattprogramme der Hauptgrund für den Absatzeinbruch ist. "Ich glaube, es ist nicht so schlecht wie es aussieht", sagte Ford-Vertriebsvorstand Mark LaNeve. Marktkenner bezweifeln, dass die Autokonzerne ihre für dieses Jahr gesetzte Absatzprognose von insgesamt rund 17 Millionen Autos erreichen werden. Ein Rückgang der Verkäufe im nach China zweitgrößten Autoland der Welt bedeutet, dass weniger Autos gebaut werden und damit weniger Menschen Arbeit finden. Dabei hat US-Präsident Trump hat seine Konjunkturhoffnungen vor allem auf die Autokonzerne gestützt, sie sollten seinen Wählern Jobs geben. Er hat ihnen versprochen, Umweltauflagen zu erleichtern, wenn sie neue Fabriken in den USA bauen. Es sieht allerdings nicht so aus, als könnte er sie überzeugen. Amerikas Autofabriken haben seit Jahresbeginn mehrere tausend Stellen gestrichen. "Es gab eine stetige Verringerung der Produktion in den vergangenen sechs Monaten, und was in den kommenden sechs Monaten folgt, könnte durchaus alarmierend sein", sagte Ron Harbour von der Beratungsfirma Oliver Wyman der New York Times. General Motor will die Produktion in Nordamerika im zweiten Halbjahr um 150 000 Wagen kürzen. Die Lagerbestände entsprechen der Nachfrage von 104 Tagen, Ziel sind 70 Tage.

Auch Ford will weniger Autos bauen. Ein weiterhin steigender Anteil des US-Autoabsatzes kommt zudem aus Mexiko - trotz aller Drohungen des US-Präsidenten, die Einfuhren mit Zöllen zu belegen. Die USA importierten in der ersten Hälfte dieses Jahres 16 Prozent mehr Autos aus dem Nachbarland: 1,16 Millionen Autos. Die Autogewerkschaft United Auto Workers plant eine "Made in America"-Werbekampagne.

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