Konjunktur 2008:Wirtschaftswachstum nahezu halbiert

Weniger Wachstum: Die deutsche Wirtschaft bekommt die Folgen der Finanzkrise drastisch zu spüren. Zugleich wird Deutschland als drittgrößte Wirtschaftsmacht abgelöst.

Die Finanzkrise hat der deutschen Wirtschaft im vergangenen Jahr mächtig zugesetzt. Für das Jahr 2008 melden die Experten des Statistischen Bundesamts ein reales Wachstum von 1,3 Prozent. Damit hat sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) innerhalb eines Jahres nahezu halbiert. Im Jahr 2007 war die deutsche Wirtschaft noch um 2,5 Prozent gewachsen, im Boomjahr 2006 sogar um drei Prozent.

Konjunktur 2008: Im Jahr 2008 ist die deutsche Wirtschaft drastisch eingebrochen.

Im Jahr 2008 ist die deutsche Wirtschaft drastisch eingebrochen.

(Foto: Foto: AP)

Noch im Herbst hatte die Bundesregierung mit einem Wirtschaftswachstum in Höhe von 1,7 Prozent für 2008 gerechnet. Das BIP umfasst alle Waren und Dienstleistungen, die innerhalb eines Jahres in einem Land produziert werden.

Starkes Wachstum im ersten Quartal

Der Anstieg der Wirtschaftsleistung in den vergangenen zwölf Monaten ist vor allem auf das gute erste Quartal zurückzuführen, als das BIP real um 1,5 Prozent zulegte. Besonders dramatisch war die Situation jedoch am Ende des Jahres 2008. Im vierten Quartal ist die deutsche Wirtschaft offenbar so stark eingebrochen wie seit mehr als 20 Jahren nicht. Zwischen Oktober und November schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt nach Angaben des Statistischen Bundesamts schätzungsweise um 1,5 bis 2,0 Prozent zum Sommer. Einen stärkeren Rückgang hatte es zuletzt Anfang 1987 gegeben. Deutschland befinde sich in einer "instabilen Konjunkturlage", sagten die Statistiker.

Nicht einmal der Export, sonst immer eine verlässliche Stütze der Wirtschaft, konnte den Einbruch stoppen. Die Ausfuhren wuchsen 2008 nur noch um 3,9 Prozent. 2007 hatte das Exportwachstum noch bei 7,5 Prozent gelegen. Seit dem Herbst befindet sich Deutschland nach der gängigen Definition in einer Rezession, weil die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge geschrumpft war.

Auch der private Konsum stabilisierte die deutsche Wirtschaft nicht. Denn trotz deutlicher Lohnsteigerungen und der Rekordbeschäftigung im vergangenen Jahr gaben die Menschen nicht mehr Geld aus als in den Jahren zuvor, wie die Statistiker mitteilten. Der private Konsum stagnierte demnach bei 0,0 Prozent.

China stärker als Deutschland

China hat dagegen von der Schwäche der Deutschen profitiert - und hat die Bundesrepublik als drittgrößte Wirtschaftsnation abgelöst. Das nationale Statistikamt in Peking korrigierte am Mittwoch das Wachstum für 2007 nachträglich von 11,9 auf 13 Prozent. Das ist der größte Anstieg seit 1993. Der neu kalkulierte Umfang des Bruttoinlandsproduktes wurde mit 25,73 Billionen Yuan (derzeit 2,8 Billionen Euro) um 3,1 Prozent oder 777,6 Milliarden Yuan höher angegeben als bisher. Damit hat China nach Berechnungen von Experten die Bundesrepublik überholt. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt erreichte im vergangenen Jahr nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nominal knapp 2,49 Billionen Euro.

Das chinesische Statistikamt wollte sich zu Chinas Position in der Weltrangliste noch nicht äußern. Erst müssten die für kommende Woche erwarteten Wachstumszahlen für 2008 und die Wechselkursberechnungen abgewartet werden, sagte ein Sprecher. "Bislang haben wir noch keine Schlussfolgerungen gezogen." Wegen der globalen Wirtschaftskrise erwarten Experten für 2008 nur ein Wachstum von neun Prozent.

Der Experte Stephen Green von der Standard Chartered Bank in Shanghai folgert aber nicht nur aus den neuen Zahlen, dass China bereits Deutschland überholt haben dürfte. "Da inoffizielle wirtschaftliche Aktivitäten in China größer sind als in Deutschland, ist das wahrscheinlich schon vor längerer Zeit geschehen."

Für 2009 erwarten die Volkswirte angesichts der dramatischen konjunkturellen Lage einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung. Deutschland könnte demnach auf das sechste Rezessionsjahr seit Gründung der Bundesrepublik zusteuern.

Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, rechnet damit, dass die deutsche Wirtschaft erst 2010 wieder an Schwung gewinnt.

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