Der Syrien-Konflikt und der sich abzeichnende Militäreinsatz gegen das Assad-Regime treiben den Ölpreis nach oben. Der Preis für US-Öl der Sorte West Texas (WTI) erreichte am Mittwoch mit 112,24 Dollar den höchsten Stand seit zwei Jahren. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch bei dem für europäische Verbraucher wichtigen Preis für Nordsee-Öl (Brent). Die Notierung für ein Barrel (159 Liter) kletterte zeitweilig auf bis zu 117,34 Dollar, rutschte im Laufe des Tages dann etwas ab.
Eine Woche nach dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien steht ein Militärschlag des Westens gegen das Regime in Damaskus offenbar unmittelbar bevor. Ric Spooner, Chef- Marktanalyst des Brokerhauses CMC Markets, prognostizierte für den Fall eines Militärschlags den Anstieg des Brent-Preises auf bis zu 126 Dollar. WTI werde sich wohl auf bis zu 115 Dollar verteuern.
Obgleich Syrien unter den ölfördernden Staaten nur eine unbedeutende Rolle hat, zieht die politische Krise die Märkte in den Bann. "Die Befürchtungen wachsen, dass es zum worst case kommt und sich der Konflikt auf die gesamte Region ausbreitet", meint Bill Stone, Analyst von der amerikanischen Finanzgesellschaft PNC Asset Management. "Dies ist das größte geopolitische Risiko seit dem Irakkrieg 2003", meint Mike O'Rourke von der US-Investmentfirma Jones Trading.
Krisen und Kriege breiten sich wie Schockwellen an den Märkten aus
Auch Ägypten, das zuletzt die schlimmsten Unruhen seit 60 Jahren erlebt hatte, bereitete den Investoren weiter Kopfschmerzen. Auch das Land am Nil ist kein wichtiger Ölförderer. Anleger fürchteten jedoch, dass die Unruhen auf andere Staaten wie Saudi-Arabien übergreifen. Darüber hinaus ist der Suez-Kanal eine wichtige Transportroute für Rohöl und andere Güter.
Es ist ein in den vergangenen Jahren immer wieder kehrendes Schreckensszenario: Krisen und Kriege in der für die Weltölversorgung strategisch wichtigen Region des Nahen und Mittleren Ostens breiten sich wie Schockwellen an den Märkten aus. Allein die Unsicherheit und die Ängste vor einer möglichen Eskalation lassen den Ölpreis dann steigen. In der Region werden etwa 35 Prozent des weltweit produzierten Öls gefördert.
Analysten sehen in der Syrienkrise besonders Pipelines durch terroristische Angriffe unmittelbar gefährdet. Vor allem aber hängt viel von der politischen Haltung Irans in dem Konflikt ab, dem Verbündeten des Assad-Regimes. Teheran hat in der Vergangenheit wiederholt damit gedroht, die Seestraße von Hormus zu sperren. Der 30 Kilometer breite Wasserweg ist eine der wichtigsten Transportrouten für Tankschiffe aus dem Nahen und Mittleren Osten. Wird sie militärisch blockiert, hätte dies unmittelbare Versorgungsengpässe und einen drastischen Anstieg des Ölpreises zur Folge. Die Auswirkung auf die labile Konjunktur in vielen Industriestaaten wären unkalkulierbar.