Konferenz zu Jugendarbeitslosigkeit:Politiker befürchten verlorene Generation

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Jugendarbeitslosigkeit in Europa: Ein arbeitsloser Mann sitzt auf einer Bank in Madrid und vertreibt sich die Zeit (Foto: Bloomberg)

Sie haben allen Grund, wütend zu sein: Junge Menschen leiden besonders unter der Wirtschaftskrise und laufen Gefahr, ihr Vertrauen in Europa zu verlieren. Nun wollen die Spitzenpolitiker der großen Euro-Länder gemeinsam eine Strategie gegen Jugendarbeitslosigkeit entwickeln.

Von Hannah Beitzer

Die Zahlen sind düster: Zwei Drittel aller Griechen unter 24 Jahren sind ohne Job. In Portugal sind es 42 Prozent, mehr als 17 Prozent in der gesamten Euro-Zone. Viele von ihnen haben das Vertrauen in die Politik längst verloren - und das ist deren Akteueren auch bewusst. Auf einer Konferenz in Paris stellen Finanzminister Wolfgang Schäuble, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und ihre französischen und italienischen Amtskollegen deswegen einen Pakt gegen die Jugendarbeitslosigkeit vor, der die Euro-Zone aus der Depression befreien soll.

"Wir haben ein Problem mit der Hoffnung", konstatiert der italienische Arbeitsminister Enrico Giovannini. "Wir müssen pragmatisch sein, Ideologien beiseiteschieben", appelliert er an die nationalen Regierungen. Der französische Finanzminister Pierre Moscovici fordert ein Gleichgewicht zwischen Konsolidierung und Wachstum, eine nachhaltige Investitionsstrategie, eine Bankenunion und - vor allem - den "unbedingten Willen, etwas gegen Jugendarbeitslosigkeit zu tun".

Schäuble, von der Leyen und Moscovici stellten in einem Gastbeitrag in der SZ Grundzüge des Programms gegen Jugendarbeitslosigkeit vor - viel konkreter wird es auch am Dienstagvormittag in Paris nicht. Unter anderem sollen Unternehmen leichter Zugang zu günstigen Krediten bekommen. Der französische Arbeitsminister Michel Sapin betont, es seien die kleinen und mittleren Unternehmen, die Arbeitsplätze für junge Menschen schafften: "Sie müssen wir unterstützen."

Das duale System - "Blaupause" für Europa

Auch soll die Ausbildung in Betrieben durch ein europäisches Austauschprogamm gestärkt werden. So gebe es allein in Deutschland 31.000 freie Lehrstellen, sagt von der Leyen.

Die Arbeitsministerin beschwert sich in Paris über Unternehmen, die klagten, dass Schulabgängern die Qualifikation fehle. "Dann muss man eben Plätze schaffen, wo sie es lernen." Von der Leyen lobt das duale System in Deutschland und stellt es als "Blaupause" für Europa vor: "Junge Menschen bekommen dort einen Ausbildungsplatz, an dem sie ein Einkommen erzielen." Außerdem sei die Ausbildung praxisnah und orientiere sich am tatsächlichen Bedarf der Wirtschaft.

Finanzminister Schäuble betont dennoch, dass Deutschland nicht pauschal als Vorbild für alle dienen könne und wolle. "Auch wir in Deutschland sind nicht in allem gut." Er kritisiert zum Beispiel die Dauer von Genehmigungsverfahren hierzulande. Anstatt sich gegenseitig Ratschläge zu erteilen, setze er auf Zusammenarbeit.

Von der Leyen nimmt insbesondere auch die Wirtschaft in die Pflicht: "Unsere Wachstumsinitiative wird getragen von dem Gedanken, dass nicht die Politik Arbeitsplätze schafft. Das kann sie nämlich nicht." Sie könne nur einen Rahmen schaffen, innerhalb dessen Unternehmen selbst aktiv werden müssen.

Es ist vor allem Einigkeit, die die Finanz- und Arbeitsminister in Paris demonstrieren wollen. "Für uns ist Europa immer selbstverständlich gewesen", sagt von der Leyen - nun merke aber ausgerechnet die junge Generation, dass dem nicht so sei. Dieser Generation gelte es nun zu helfen, das betonen die Minister aus allen Ländern. "Europa ist unsere Zukunft. Wir haben keine bessere", sagt Wolfgang Schäuble.

Die Konferenz wird noch bis 18 Uhr live im Internet übertragen.

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