Süddeutsche Zeitung

Kommunikation:Sicher verbunden

Eine Nürnberger Firma ist führend beim Verschlüsseln von Internetverkehr. Ihr vertrauen große Unternehmen und Behörden.

Von Helmut Martin-Jung

Die moderne Welt lebt von der umfassenden Vernetzung, doch die birgt auch Gefahren. Firmen etwa, die in vielen Ländern Geschäfte machen oder produzieren, müssen auf der einen Seite dafür sorgen, dass die Unternehmensstandorte gut miteinander verbunden sind. Sie sollten das aber auch so tun, dass mögliche Lauscher an der Leitung außen vor bleiben. Und zwar auch dann, wenn man das öffentliche Internet zur Datenübertragung nutzt.

Die Nürnberger Firma NCP, gegründet bereits 1986, ist ein Hidden Champion auf diesem Fachgebiet. Der Softwarehersteller beschäftigt etwa 70 Mitarbeiter, hat aber 35 000 Kunden auf der ganzen Welt und sieht sich selbst als Technologie-Marktführer. Die Technik, um die es hier geht, heißt Virtual Private Network, kurz VPN. Sie errichtet sozusagen Tunnel in den öffentlichen Leitungen, in die man von außen nicht hineinsehen kann. Virtuell heißt sie deshalb, weil natürlich nicht eine physische Abschirmung eingezogen, sondern weil der Datenverkehr verschlüsselt übertragen wird. Auch wenn Lauscher Zugriff auf die Leitung bekommen, sehen sie also nur wirren Datensalat, mit dem sie nichts anfangen können.

Zu den Kunden für die VPN-Software von NCP zählt beispielsweise die Deutsche Telekom, deren 80 000 Mitarbeiter damit verschlüsselt über Ländergrenzen hinweg kooperieren, wie Geschäftsführer Patrick Oliver Graf erzählt. Außerdem ist NCP der weltweit einzige VPN-Partner für Juniper Networks, den nach Cisco größten Netzwerkausrüster der Welt.

Angefangen hatte NCP 1986 mit Hard- und Software, die es ermöglichte, sich von unterwegs aus ins Firmennetz einzuwählen, im Fach-Denglisch: Remote Access genannt. Doch erst die volle Konzentration auf VPN-Software brachte den Durchbruch für das Unternehmen, das sich heute als Premium-Hersteller in seinem Segment sieht. Die hohe Funktionalität, die NCP für sich in Anspruch nimmt, hat aber auch ihren Preis. Konkurrenten bieten VPN-Software auch billiger an.

Aber die Nürnberger halten mit Dingen wie der einfachen Verwaltbarkeit dagegen: Sowohl der Firmenserver als auch die Endgeräte könnten zentral gesteuert werden. "Bei der Telekom ist dafür nur ein Administrator zuständig", sagt Graf. Hinzu kämen geringe Verzögerungen, sogenannte Latenzzeiten, durch die Verschlüsselung, anspruchsvolle Schlüssel und eine sichere Authentifizierung.

Weitere Herausforderungen sind die große Vielfalt an Endgeräten und Betriebssystemen sowie die oft schmale Bandbreite im Netz. Außerdem verstehe sich die Software von NCP auch mit Produkten verschiedener Hersteller von Firewall-Systemen, lässt sich damit also auch in bestehende Systemlandschaften einbinden.

Der hohe Anspruch baut aber auch viel Druck auf. Fehler dürften dem Unternehmen nicht passieren, sagt Graf, "sonst ist der Ruf schnell weg". Das stelle auch an die Mitarbeiter hohe Anforderungen, entsprechend schwer tut sich NCP, geeignetes Personal zu rekrutieren: "Es ist extrem schwierig, gute Mitarbeiter zu finden", sagt Graf, "unsere Anforderungen sind eben auch teils sehr speziell." Bis eine Stelle bei der Nürnberger Firma besetzt sei, dauere es dann schon mal neun Monate oder sogar ein Jahr.

Diese hohen Anforderungen ergeben sich unter anderem auch deshalb, weil die NCP-Technologie in sensiblen Bereichen eingesetzt wird, das Unternehmen kooperiert daher auch eng mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die Software ist zugelassen für Kommunikation der Sicherheitsstufe Verschlusssache, nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD).

Die Software können die Kunden entweder kaufen; sie können sie aber auch unter ihrem eigenen Namen als Teile ihrer Produkte weiterverkaufen, wie das Juniper Networks macht. Seit zehn Jahren ist NCP durchgehend profitabel, der Umsatz liegt im zweistelligen Millionenbereich. Davor sah es zeitweise nicht so gut aus für das Unternehmen. Für die Zukunft sieht Geschäftsführer Graf viel Potenzial. Der boomende Markt der vernetzten Geräte im Internet der Dinge setze voraus, dass auch diese ihre Daten sicher übertragen könnten, sagt Graf.

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Quelle:
SZ vom 12.02.2020
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