Dax-Konzerne haben in Hinblick auf Gleichstellung kommunalen Firmen einiges voraus. Der Anteil weiblicher Führungskräfte im öffentlichen Sektor lag im April dieses Jahres bei 22,1 Prozent – eine leichte Steigerung um 0,6 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Dies geht aus einer Auswertung der Zeppelin-Universität Friedrichshafen hervor. Zum Vergleich: Laut Daten der gemeinnützigen Allbright-Stiftung lag der Anteil an weiblichen Vorständen der Dax-40-Unternehmen (Stichtag 1. September 2023) bei 23,2 Prozent. Trotz des Anstiegs liege der Frauenanteil in den Führungsetagen kommunaler Firmen also weiter deutlich unter dem politischen Ziel der Parität der privaten Unternehmen, fasst Studienleiter Ulf Papenfuß zusammen.
Seit 2018 untersuchen Papenfuß und sein Team jährlich die Vergütung des Top-Managements im öffentlichen Sektor. Der Staat und öffentliche Unternehmen hätten besonders in Fragen Parität eine Vorbildfunktion inne, heißt es in der Studie. Die Autoren verweisen dabei auf Artikel 3 des Grundgesetzes: Niemand darf wegen seines Geschlechts benachteiligt werden.
Untersucht wurden deutschlandweit 1420 kommunale Unternehmen in 69 Städten, die zu mehr als 50 Prozent in öffentlicher Hand liegen. Dazu gehören etwa Pflegeheime, Museen, Krankenhäuser, Nahverkehrsbetriebe oder Stadtwerke.
Demnach waren 461 der insgesamt 2087 Posten in Vorstand, Geschäftsleitung oder Geschäftsführung mit Frauen besetzt. In die Studie einbezogen wurden neben den Stadtstaaten und Landeshauptstädten jeweils die vier größten Städte je Bundesland, gemessen an der Bevölkerung. Untersucht wurden zudem die Unternehmen des Bundes und der Bundesländer.
An der Spitze des Rankings steht die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover mit einem Frauenanteil von 50,0 Prozent in den Topetagen kommunaler Firmen (Vorjahr: 37,50 Prozent). Es folgten zwei Städte in Thüringen: Weimar mit 44,4 Prozent (plus 11,1 Prozentpunkte), gefolgt von Jena mit 42,1 Prozent (plus 8,8 Prozentpunkte). Offenbach am Main, der Spitzenreiter aus dem Vorjahr, landete auf dem vierten Platz.
In fünf deutschen Städten gibt es überhaupt keine Managerinnen
Den Autoren zufolge sind besonders die regionalen Unterschiede auffällig: In den Städten der ostdeutschen Länder liegt der Frauenanteil bei 23,2 Prozent, in den westdeutschen Flächenländern bei 18,6 Prozent. Dass es überhaupt keine Chefinnen in kommunalen Firmen gibt, kommt hingegen in Ingolstadt, Osnabrück, Neunkirchen, St. Ingbert und Völklingen vor. In den beiden letzteren Städten im Saarland ist der Befund aber mit Vorsicht zu betrachten. Im kleinsten Bundesland Deutschlands gebe es nur wenige Unternehmen, die entsprechend der Methodik der Studie berücksichtigt werden konnten.
Wie es zu den regionalen Differenzen kommt, werde derzeit diskutiert, heißt es auf Anfrage. Der Lücke zwischen Dax-40- und kommunalen Unternehmen dürfte sich hingegen mit den gesetzlichen Vorgaben erklären lassen. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und mehr als drei Vorstandsmitgliedern müssen bei Neubesetzungen in dem Gremium mindestens einen Posten an eine Frau vergeben.
Bei Unternehmen des Bundes gelten noch strengere Vorgaben: Wenn die Firma mehr als zwei Geschäftsführer hat, muss mindestens ein Posten mit einer Frau besetzt werden. Klare Regeln für die Besetzung der Führungsposten könnten Papenfuß zufolge dabei helfen, den Frauenanteil auch bei kommunalen Unternehmen weiter zu steigern. Er schlägt vor, dass sich diese an jenen für bundeseigene Unternehmen orientieren.
Mit Material von dpa