Wohnungsbau:Neue Mietwohnungen sind zu teuer

Wohnungsbau: Es sollte der Politik zu denken geben, die aus lauter Ohnmacht auf Investoren angewiesen ist: Der Bund hat die Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau abgegeben, Länder und Städte haben ihre Baugesellschaften verscherbelt, genauso große Arbeitgeber wie Bahn oder Post.

Es sollte der Politik zu denken geben, die aus lauter Ohnmacht auf Investoren angewiesen ist: Der Bund hat die Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau abgegeben, Länder und Städte haben ihre Baugesellschaften verscherbelt, genauso große Arbeitgeber wie Bahn oder Post.

(Foto: Marco Einfeldt)

95 Prozent der privat gebauten Mietwohnungen können sich Normalverdiener nicht leisten. Die Zahlen belegen das Versagen der Politik.

Kommentar von Benedikt Müller

Endlich, so könnte man meinen, kommt der Wohnungsbau in Gang: Die Zahl der Baugenehmigungen steigt so schnell wie seit Jahren nicht, die Auftragsbücher der Handwerker sind voll. Entstehen in den Städten jetzt die Wohnungen, die so dringend gebraucht werden: etwa für Familien, Berufsanfänger oder Flüchtlinge?

Neue Zahlen zeigen das Gegenteil: Was in den vergangenen zwölf Monaten gebaut wurde, kann sich die breite Masse nicht leisten. Nur 4,7 Prozent der Mietwohnungen, die private Bauherren in den 20 größten Städten errichtet haben, fallen in das bezahlbare Segment. Das hat das NDR-Magazin Panorama aus den Marktdaten des Instituts Empirica errechnet. Als "bezahlbar" gilt eine Wohnung, wenn ein durchschnittlicher Haushalt höchstens 30 Prozent seines Einkommens für die Kaltmiete zahlen muss. In München, wo die Einkommen hoch sind, trifft das immerhin auf 8,2 Prozent der privaten Neubauten zu. In Berlin dagegen nur auf 2,5 Prozent.

Alle blicken sie nun auf ein Marktversagen, das sie selbst verursacht haben

Das sind nicht nur traurige Zahlen für Wohnungssuchende. Es sollte auch der Politik zu denken geben, die aus lauter Ohnmacht auf Investoren angewiesen ist: Der Bund hat die Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau abgegeben, Länder und Städte haben ihre Baugesellschaften verscherbelt, genauso große Arbeitgeber wie Bahn oder Post. Alle blicken sie nun auf ein Marktversagen, das sie selbst verursacht haben.

Dabei ist entscheidend, warum private Investoren so teuer bauen. Es stimmt zwar, dass Bauträger wie Vermieter Gewinn erwirtschaften wollen. Doch das Problem beginnt schon beim Bauland: Die wenigen Flächen sind derart teuer, dass darauf kaum günstige Wohnungen entstehen können. Hinzu kommen, je nach Land, zu viele verschiedene Auflagen, etwa zur Zahl der Parkplätze. So entstehen statt Mietshäusern energetisch perfekte Eigentumswohnungen mit Tiefgarage, wie es der Gesetzgeber vorgibt.

Zwar gibt es die Theorie, dass jede neue Wohnung - egal wie teuer - hilft: Familien ziehen etwa vom billigen Apartment in einen größeren Neubau, dadurch wird die günstige Wohnung frei. Doch erstens ist es beim Mieterwechsel üblich, die Miete zu erhöhen oder die Wohnung zu sanieren. Zweitens zieht jeder teure Neubau den örtlichen Mietspiegel nach oben. So steigen die Mieten in den Großstädten seit Jahren deutlich schneller als die Einkommen.

Statt der Frage, wie viele Wohnungen gebaut werden müssen, drängt sich daher eine andere Frage auf: Welche Wohnungen und welche Bauherren sollte der Staat fördern? Die Bundesregierung ist drauf und dran, mit ihrer geplanten "Sonderabschreibung für den Wohnungsbau" die falsche Antwort zu geben. Es ist zwar richtig, den Bau von Mietwohnungen steuerlich zu fördern. Doch die Union dürfte sich durchsetzen gegen die Forderung der SPD, wonach Wohnungen nur bis zu einer gewissen Höchstmiete subventioniert werden sollten. So läuft es darauf hinaus, dass Investoren zwei Milliarden Euro Subvention erhalten, ohne auch nur einen Cent weniger Miete versprechen zu müssen. Genossenschaften und kommunale Gesellschaften hätten dagegen nichts von den Steuervorteilen - obwohl gerade sie besonders günstig bauen. Es wäre ein Geschenk, das nur Privatinvestoren nützt.

Dabei fehlt es weder an Geldgebern noch an Kapital. Im Gegenteil: Investitionen in Immobilien sind so zinsgünstig und so beliebt wie selten zuvor. Wichtig wäre deshalb, dass begehrte Städte neues Bauland schaffen und die Flächen nicht zum höchsten Preis, sondern an das beste Konzept vergeben. Dafür wären die zwei Milliarden Euro viel besser eingesetzt. Gefördert werden könnte auch, wer sein Dachgeschoss zu einer neuen, bezahlbaren Wohnung ausbaut.

Der Zuzug in die Städte bedeutet aber auch: Im Umland stehen die Wohnungen leer, die in den Zentren gebraucht werden. Deshalb ist es so wichtig, in die Bahnstrecken, Internet-Verbindungen und Kindertagesstätten auf dem Land zu investieren: Damit das Umland nicht zur Heimat der Verdrängten, sondern zur echten Alternative wird.

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