Süddeutsche Zeitung

18-Milliarden-Dollar-Spende:Wer Milliarden spendet, ist noch kein Heiliger

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Es ist löblich, dass Reiche wie der Investor George Soros ihr Geld hergeben - aber nur, solange sie daraus keinen Machtanspruch ableiten.

Kommentar von Alexander Hagelüken

Und wieder hat es einer getan. Der Finanzmanager George Soros schenkt seiner Stiftung fast sein ganzes Vermögen. Vor ihm tat das unter anderem Microsoft-Gründer Bill Gates; Facebook-Chef Mark Zuckerberg kündigte es zumindest an. Sie folgen der philanthropischen Tradition in den USA, die 1889 der Stahlmagnat Andrew Carnegie mit dem Satz begründete: "Der Mann, der reich stirbt, stirbt in Schande."

Auffällig ist, dass viele Stifter ihren Reichtum in der weltgrößten Wirtschaftsnation besonders robust erworben haben. Unfreundlicher ausgedrückt: Sie gelten als Raubeine, die Konkurrenten, Kunden und andere bedrängen. Das fing schon mit Andrew Carnegie an. Es setzt sich mit Bill Gates fort, dessen Konzern sich Verfahren wegen Wettbewerbsbeschränkung gegenübersah. Und es reicht bis zu Soros, dem vorgeworfen wird, mit seinen Spekulationen Währungskrisen verschlimmert zu haben.

Lieber das Geld weggeben, als es für Luxus verplempern

Machen solche Biografien die Herren zu schlechten Stiftern? Nein. Es ist gut, dass sie ihr Geld weggeben, statt es für Luxus zu verplempern oder Erben zu verderben. Die Öffentlichkeit muss ihnen dafür aber keinen Heiligenschein anheften, sondern sollte die Person in all seinen Facetten sehen.

Schlechtes Stiften beginnt dort, wo Milliardäre versuchen, mit ihrem Geld und der dahinter stehenden Macht umstrittene Meinungen durchzusetzen. Etwa die Förderung von Schulen mit der Auflage, dort in Biologie die Schöpfungsgeschichte der Bibel zu lehren statt die Evolutionstheorie von Charles Darwin. Genauso kritisch ist es, wenn die konservativen Koch-Brüder in den USA Denkfabriken fördern, die sich für Steuersenkungen einsetzen, die den Kochs am meisten nützen. Soros ist solcher Umtriebe unverdächtig: Seine Stiftung fördert weltweit Demokratie, Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten; Werte also, die allgemein gültig sind.

Soros' Milliardengeschenk bestätigt aber auch eine These, die Soros selbst teilt: Amerikas Reiche werden zu gering besteuert. Die US-Gesellschaft beraubt sich damit der Mittel, ernsthaft sozial zu agieren. Das ist die Schattenseite all der tollen Spender-Geschichten.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2017
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